© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 50/16 / 09. Dezember 2016

Garant der Meinungsfreiheit
Am 8. Dezember wurde „Focus“-Mitherausgeber Helmut Markwort 80
Manfred Brunner

Das Wunderkind wird 80.“ Journalismus, Politik, Kultur und ziemlich viele Freunde begingen mit Bemerkungen dieser Art am 8. Dezember Helmut Markworts Geburtstag. 

Den Nimbus des Wunderkindes hat er sich vom Anfang seines Lebens an verdient. Was soll man auch über einen Sechsjährigen sagen, der schon vor dem ersten Schultag täglich Zeitung las und den erstaunten Eltern mitteilte, er habe sich das Lesen selbst beigebracht. 

Oder über einen Neunjährigen, der 1945 im oberfränkischen Rodach Stadtgespräch war, weil ihn die dort stationierten US-Streitkräfte mit dem Schützenpanzer aus der Schule holen ließen, um ihn als Dolmetscher einzusetzen. Die Neugier des Volksschülers und Kaugummi, Coca Cola und Schokolade der Soldaten hatten genügt, um aus Helmut Markwort ein perfekt Amerikanisch sprechendes Kind zu machen. Markwort nennt dies heute sein persönliches Pfingstwunder. Daß die Soldaten ihn zudem in eine maßgeschneiderte Uniform mit den Rangabzeichen eines Master Sergeants steckten, gefiel ihm.

Seine geheime Heldin ist die Idee der Freiheit

Nach der Schulzeit („Ich sollte eigentlich Pfarrer werden, hatte dann aber doch schon zuviel Nietzsche gelesen“) ging es in gewohnt erstaunlicher Weise weiter. Am Tag nach dem humanistischen Abi­tur mit dem Telefonanruf „Du kommst zu uns“ vom Darmstädter Tagblatt, für das Markwort bereits als Schüler schrieb, einbestellt, gab er seine Studienidee Theaterwissenschaften und Germanistik umgehend auf. 

Nach Stationen in Wuppertal, Nürnberg und Düsseldorf wurde er mit 29 Jahren Chefredakteur der Burda-Zeitschrift Bild und Funk. Wie später auch als Gong-Verantwortlicher weitete er durch Medienbeobachtung und Medienkritik den damals üblichen beschränkten Rahmen einer Programmzeitschrift viel beachtet aus. Scheinbar nebenbei rief er mit „Radio Gong“ 1985 das erste Stadtradio Deutschlands ins Leben, zwei Jahre später landesweit „Antenne Bayern“, den inzwischen meistgehörten Radiosender Deutschlands.

Schon zu dieser Zeit hörte man von Helmut Markwort, daß die Monopolstellung des Spiegel nicht zu einer pluralen Gesellschaft passe. Nachdem Konkurrenzgründungen zum Spiegel dutzendweise gescheitert waren, brach Markwort dieses Monopol 1993 auf. 

Nach jahrelangem Beobachten und Analysieren von Magazinen weltweit konnte er Hubert Burda mit einem Projekt überzeugen, das unter dem Tarnnamen „Zugmieze“ komplett ausgearbeitet war. „Fakten, Fakten, Fakten, und immer an die Leser denken“ ist zum geflügelten Wort geworden. Dies war mehr als ein Aufruf an seine Redakteure zu guter handwerklicher Arbeit. Markwort schloß diesem Gedanken noch einen Satz an: Wer den Auftrag eines Journalisten in der Verfolgung politisch Andersdenkender sehe, habe seinen Beruf verfehlt. 

Wer über den Focus spricht, kann Markworts „Tagebuch“, das er dort seit der ersten Ausgabe schreibt, nicht unerwähnt lassen. Der meinungsbildende Einfluß dieses Wochenkommentars ist ebenso groß wie der seines sonntäglichen Mittagsstammtisches im Bayerischen Rundfunk. Denn Helmut Markwort ist eben auch ein eminent politischer Kopf. Seine geheime Heldin ist die Idee der Freiheit. 

So ist es auch nicht verwunderlich, daß er immer wieder die JUNGE FREIHEIT verteidigt hat. Lange bevor das Bundesverfassungsgericht dem Land Nordrhein-Westfalen die Erwähnung der JF im Verfassungsschutzbericht verbot, schrieb Markwort unbefangen: „Der Verfassungsschutz NRW beobachtet alles, was nicht auf dem linken Flügel der SPD beheimatet ist.“

Konsequent wehrt er sich gegen die Gleichsetzung von rechts und rechtsextrem in vielen Medien. Ihm geht es um Meinungsfreiheit. Totalitären Ausgrenzungsversuchen entgegenzutreten hält er für die Verpflichtung eines Liberalen.

Liberal will er auch parteipolitisch sein. Markwort hat sich immer zu seiner Mitgliedschaft in der FDP bekannt. Er trat den Liberalen 1968 bei: „In Gegenbewegung zur APO wollte ich gerne ein Scheißliberaler sein.“ Spätestens seit er 1970 in Ablehnung des Landtagswahlprogrammes seines Landesvorstandes im Alleingang („Da habe ich mich zwei Tage in mein Gartenhaus eingesperrt“) einen alle Politikbereiche umfassenden Gegenentwurf vorlegte und sich auf einem Parteitag damit durchsetzte, war ihm Aufmerksamkeit sicher. 

Ein Liberaler gegen jeden Ausgrenzungsversuch

1984 ließ er sich von der FDP dazu überreden, sich auf einem hinteren Listenplatz der Münchner Stadtratsliste aufstellen zu lassen, wurde aber von der Bürgerschaft nach vorne gehäufelt und ins Rathaus gewählt. Zum Bedauern vieler nahm er das Amt nicht an.

Die öffentliche Bühne holte er sich stattdessen im Theater. Ob vor dem Frankfurter Dom als Der Tod im „Jedermann“ oder in der Münchner Komödie als Churchill in „King’s Speech“, Markwort hat auch im Theater seine Fangemeinde. Dieses Hobby läßt er sich viele Stunden Textlernen kosten. Aber präzise Vorbereitung ist eben sein Markenzeichen. Auf seine Begabung zum Wunderkind verläßt er sich nie. Abstürze jedweder Art blieben ihm deshalb erspart.