© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/16 / 16. Dezember 2016

Ländersache
Mehr zwischen den Meeren
Martin Voigt

Beim Länderfinanzausgleich griff Schleswig-Holstein 2015 knapp eine Viertelmilliarde Euro ab. Dreht man im nördlichsten Bundesland also jeden Cent zweimal um, bevor man ihn ausgibt? 

Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD SH) jedenfalls scheint nicht unter Sparzwängen zu leiden und in Kristin Alheit (SPD) eine zuverlässige Gönnerin gefunden zu haben. Bereits 2014 hatte die Kieler Sozialministerin dem Lobbyverband 50.000 Euro für die Umsetzung des „Aktionsplans gegen Homophobie“ bezahlt – davon 20.000 Euro für Grundschulmaterial zum Themenfeld „Akzeptanz sexueller Vielfalt“. Obwohl das Bildungsministerium das Material als ungeeignet für Grundschüler zurückwies (JF 48/15), verlangte Alheit das Geld trotz Gewährleistungsanspruch nicht zurück.

Der Verein „Echte Toleranz“ äußerte nun den Verdacht, daß die Sozialministerin im vergangenen und in diesem Jahr noch einmal insgesamt 60.000 Euro für die Umsetzung des „Aktionsplans gegen Homophobie“ an den LSVD SH gezahlt hat. Denn in dieser Höhe sind in den Haushaltsplänen der Landesregierung für 2015 und 2016 entsprechende Beträge für den Aktionsplan ausgewiesen. Allerdings ist im Gegensatz zum Jahr 2014 nirgends veröffentlicht, wer das Geld bekommen und dafür den Aktionsplan umgesetzt hat. Gibt es einsehbare Verträge, die all das genau festschreiben? Das wollte der Verein wissen – und erhielt von niemandem eine Antwort: weder vom Sozialministerium, das laut Informationszugangsgesetz zur Auskunft verpflichtet ist, noch vom mutmaßlich begünstigten LSVD SH, noch vom sonst so aufmerksamen Landesrechnungshof. Auch die vom Verein informierte Opposition im Kieler Landtag reagierte nicht. „Auf die Frage, ob man den Filzverdacht gegen Ministerin Alheit im Finanz- oder Sozialausschuß aufklären wolle, gaben die Oppositionsführer Daniel Günther (CDU) und Wolfgang Kubicki (FDP) keine Antwort, auch auf wiederholte Nachfrage nicht“, sagte Vereinsvorstand Peter Rohling der JUNGEN FREIHEIT.

Nicht nur der Auskunftsantrag scheiterte an der vorsätzlichen Ignoranz der Mächtigen – und einer Opposition, die ihrer parlamentarischen Aufgabe nicht nachkommt. Auch ein juristisches Gutachten, das dem Aktionsplan der Regierung die verfassungswidrige Indoktrination von Schulkindern attestierte (JF 37/16), blieb zuvor schon ohne jede politische Reaktion.

So gilt scheinbar auch im hohen Norden der alte Grundsatz: Wer die Macht hat, macht, was er will. Wenn am 14. Dezember der Kieler Landtag den Haushalt 2017 verabschiedet, bedeutet das konkret: die Regierungsparteien SPD, Grüne und Südschleswigscher Wählerverband (SSW) verdoppeln die Ausgaben für den Aktionsplan auf 60.000 Euro und verzehnfachen das Budget für schwul-lesbische „Aufklärungsworkshops“ an öffentlichen Schulen auf 27.000 Euro. 

Sicher ist sicher. Schließlich ist im kommenden Mai Landtagswahl, und die Ein-Stimmen-Mehrheit der amtierenden Regierung von Torsten Albig (SPD) wird absehbar verlorengehen, zumindest wenn es der AfD gelingt, in den Landtag einzuziehen. Spätestens dann wird die Frage aktuell, warum Alheit die Mittel für einen Aktionsplan verdoppelt, über deren Verwendung sie bisher keine Auskunft geben wollte.