© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/16 / 16. Dezember 2016

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat an diesem Montag eine öffentliche Anhörung im Innenausschuß des Bundestages stattgefunden, bei der es um eine Verschärfung des Vereinsgesetzes ging. Erklärte Absicht der Bundesregierung ist es, ein bundesweites Verbot der Abzeichen großer Rockerclubs – Hells Angels, Bandidos, Gremium MC – zu erleichtern. „Kennzeichen verbotener Vereinigungen sowie solche, die mit denen eines bereits verbotenen Vereins im Zusammenhang stehen, sollen von anderen Gruppierungen im Bundesgebiet nicht mehr weiter genutzt werden“, heißt es in der Zielbeschreibung des Gesetzentwurfes. Deshalb soll der Paragraph 9 des Vereinsgesetzes ergänzt werden um die Formulierung: „Ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins wird insbesondere dann in im wesentlichen gleicher Form verwendet, wenn bei ähnlichem  äußerem Gesamterscheinungsbild  das Kennzeichen  des  verbotenen Vereins oder Teile desselben mit einer anderen Orts- oder Regionalbezeichnung versehen wird.“ Die wenigen Kritiker des Entwurfs sehen darin eine „Lex Rocker“.


Gehört wurden sechs Sachverständige, zwei Rechtsprofessoren, zwei Kriminalbeamte, ein Polizeiführer – sowie als einziger Widerspruchsgeist der ehemalige Chefredakteur der Zeitschrift Biker News, Michael Ahlsdorf. Er hält die geplante Verschärfung mit guten Gründen für fragwürdig. Rocker seien zwar keine „Chorknaben“, doch gebe in allen Clubs Ortsgruppen, „deren Mitglieder durchgängig bürgerlichen Berufen nachgehen und denen kein einziges Strafverfahren“ anhänge. Es widerspreche daher „dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Unschuldsvermutung, wenn Clubs oder ihre Mitglieder mit der Wegnahme eines Kennzeichens pauschalisierend verurteilt und abgestraft werden“.


Zum Hintergrund: Ende Juli kassierte das Oberverwaltungsgericht in Koblenz ein von dem rheinland-pfälzischen Innenminister Roger Lewentz (SPD) verhängtes Verbot der Hells Angels MC Bonn. Sitz des Clubs sei zwar der rheinland-pfälzische Landkreis Neuwied, weil sich die Vereinsaktivitäten aber auch auf Nord-rhein-Westfalen erstreckten, sei für das Vereinsverbot nicht das Land zuständig, sondern der Bundes-innenminister (Beschluß vom 26. Juli 2016, Az.: 7 B 10327/16.OVG).


Die geplante „Lex Rocker“ soll nun in den Parlamentsausschüssen weiter beraten und im Frühjahr 2017 vom Bundestag verabschiedet werden.