© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 51/16 / 16. Dezember 2016

Frisch gepresst

Antike Götter. Fast so lange wie Theodor Fontane, der erst im 60. Lebensjahr als Romancier debütierte, ließ sich der Altphilologe Walter F. Otto (1874–1958) mit seinen Hauptwerken „Die Götter Griechenlands“ (1929) und „Dionysos“ (1933) Zeit. Damit plazierte sich der 1934 von Frankfurt nach Königsberg zwangsversetzte, religionsgeschichtlich orientierte Gräzist sofort in der ersten Reihe der vielgestaltigen Bewegung des „Dritten Humanismus“, die die griechische Antike als normative Gegenmoderne kreierte. Wie der ihm persönlich nahestehende Martin Heidegger, wollte Otto seinen in der „Seinsvergessenheit“ lebenden Zeitgenossen den verlorenen Sinn für den „Ernst des Daseins“ und „eigentliche“ Existenz zurückgewinnen. Die von ihm behauptete „Gegenwart der Götter“ ist die kürzeste Formel für das seinen Schriften immanente Ensemble einer Kulturkritik, die ihn, gestützt auf Hölderlin und Nietzsche, mit dem George-Kreis und Heidegger genauso verband wie mit den im US-Exil sich die „Dialektik der Aufklärung“ erschließenden einstigen Frankfurter Kollegen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno. Diese zeit- und ideenhistorischen Kontexte eines zu Unrecht vergessenen Werkes rekonstruiert nun Oliver Leeges Berliner Dissertation. Ein wichtiger Beitrag zur deutschen Intellektuellengeschichte  der Zwischenkriegszeit. (wm)

Oliver Leege: Walter F. Ottos Studie „Dionysos. Mythos und Kultus“. Antike-Forschung und moderne Kultur. Ergon-Verlag, Würzburg 2016, gebunden, 284 Seiten, 44 Euro





Gesellschaftssysteme. Vierzig Jahre lang war Ernst-Jürgen Wolter als Apotheker mit zwei Welten konfrontiert. Einerseits im täglichen Kontakt mit Kunden, aus dem es humorvolle Anekdoten in sein Buch schafften. Andererseits beschreibt er aber auch sein Zusammentreffen mit der Industrie und Forschung sowie deren politischen und finanziellen Einfluß. Mit Gesellschaftssystemen kennt sich der heute 73jährige aus. Sein Berufsleben begann in der ehemaligen DDR, wo er stets aneckte, weil er kein SED-Mitglied war. Schließlich führte ihn sein Weg nach Nordrhein-Westfalen, wo er sich auch zur Ruhe setzte und nun die Empfehlung gibt: „Lesen Sie dreimal täglich“. Ein Aufruf an junge Menschen, sich für den Apothekerberuf zu entscheiden, aber seinem Alltag auch mit einem Augenzwinkern zu begegnen. (vi) 

Ernst-Jürgen Wolter: Lesen Sie dreimal täglich. Edition Fischer, Frankfurt/Main, 2016, broschiert, 94 Seiten, 9,80 Euro