© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/16-01/17 23. Dezember / 30. Dezember 2016

Was kostet uns das arbeitnehmerfreundliche Jahr 2017?
Unbeschwerte Feiertagslaune
Dirk Meyer

Das kommende Jahr gilt als arbeitnehmerfreundlich: Feiertage fallen vermehrt auf Werktage. Durch Brückentage sind sie zu Kurzurlauben erweiterbar. Dabei besteht ein Gefälle zwischen dem protestantischen Norden und dem katholischen Süden. Je nach Jahr schwankt die Zahl regional zwischen sieben und 14 werktäglichen Feiertagen. Dabei liegt das Pro-Kopf-Einkommen der Bayern (43.000 Euro) weit vor den Schleswig-Holsteinern (30.000).

Tritt bei manchen der Feiertagsanlaß in den Hintergrund, so herrscht doch Konsens hinsichtlich des arbeitsfreien Wohles. Wären da nicht die Wohlstandsjäger, die bei Feiertagen um Wachstum und Steuerbasis fürchten. Die Abschaffung des Buß- und Bettages 1995 zur Pflegefinanzierung oder Überlegungen, den Tag der Deutschen Einheit immer auf einen Sonntag zu legen, entsprechen dieser Einstellung. Gegenteilig ist die Forderung der Nachholung eines Feiertages (1. Mai) am darauffolgenden Montag, sollte er auf einen Sonntag fallen – so Praxis in Spanien, Großbritannien und Belgien.

Aber wirkt der Kalendereffekt tatsächlich auf unser Bruttoinlandsprodukt? Rein rechnerisch müßte das BIP pro Monat bei 20 Arbeitstagen und einem Zusatzfeiertag um fünf Prozent oder pro Jahr um 0,42 Prozent sinken. Tatsächlich liegt der Rückgang nach einer Erhebung der Bundesbank von 2012 bei nur 1,5 beziehungsweise 0,13 Prozent. Allerdings bestehen Branchenunterschiede: Im Bauhauptgewerbe geht die Monatsproduktion um 4,5 Prozent zurück. Anders in der Energieerzeugung sichtbar: Bei durchgängiger Produktion geht das BIP dort nur um 0,8 Prozent zurück. Niedrig ist der Ausfall mit 1,4 Prozent auch im Dienstleistungsgewerbe. Notdienste, die Aufrechterhaltung der Versorgung, Bus und Bahn sowie der nicht unerhebliche Wirtschaftszweig der Freizeitindustrie erklären diesen Wert. Das Verarbeitende Gewerbe liegt mit 3,4 Prozent etwa in der Mitte. Bei festen Aufgaben (Verwaltung, Entsorgung, Medien) ersetzen Vor- und Nacharbeit den Ausfall, ähnlich bei Auftrags- und Terminarbeiten. Schließlich kommt es zur Verlagerung von Einkäufen im Einzelhandel, insbesondere Ostern und Weihnachten.

Fazit: In Maßen gefeiert, stört das den Wohlstand kaum. Neben dem Produktionsrückgang ist jedoch auch ein Kosteneffekt spürbar. Der bezahlte Feiertag und Feiertagszuschläge erhöhen die Lohnkosten. Soweit diese nicht durch Produktivitätssteigerungen kompensiert werden, steigen die Güterpreise. Daneben entstehen Wohlfahrtsgewinne: Die kollektive Unterbrechung der intensiv genutzten Arbeitszeit dient der Erholung. Feiertage ermöglichen die Stiftung gemeinsamer Identifikation, eine zeitliche Koordination und damit die Pflege sozialer Netzwerke und der Familie.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.