© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/16-01/17 23. Dezember / 30. Dezember 2016

CD-Kritik: Franz Schmidt – Quintett A-Dur
Ausglühende Asche
Jens Knorr

Es gibt Leute, die sich Bild und Ton von Kaminfeuer auf den Bildschirm holen, um den Eindruck knisternden Feuers und echter Wärme in ihre zentralbeheizte Wohnung zu ziehen. So ergeht es dem Hörer mit dem Quintett für Klavier (linke Hand), Klarinette und Streichtrio A-Dur, dem letzten von dreien, die der Österreicher Franz Schmidt für den einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein geschrieben hat, das hier in Schmidts letztem Jahr, 1938.

Von Schmidt steht immer mal wieder das Zwischenspiel aus seiner Oper „Notre Dame“ auf der Klassik-Speisekarte. Sein Quintett A-Dur steht fremd zwischen dem Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“ und der Kantate „Deutsche Auferstehung“, zur Jahrhundertmitte hin sowieso: Romantik trifft Impressionismus und beide haken sich zu einer Art österreichischer Heimatkunst unter.

Dort irgendwo glaubt der Komponist eine Hintertür zur absoluten Musik ihm offen und gießt über die Instrumente den Geist aus, der den nur ihnen jeweils eigenen Klanggeist ausmacht. Das ist fein ausgehört, und in dem „Schmidt-einander“ – wie es der Werbetext salopp nennt – des Linos-Ensembles mit Konstanze Eickhorst am Klavier wirken all die nachempfundenen Idiome, Anklänge und Zitate gleichsam wie erfunden.

Die Glut unter der Asche ist erloschen, die Erinnerung daran erwärmt eine Weile noch das Ohr.

Franz Schmidt Quintett A-Dur cpo/Deutschlandfunk 2016  www.linos-ensemble.de