© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/16-01/17 23. Dezember / 30. Dezember 2016

Dorn im Auge
Christian Dorn


Vom Land des Lächelns lernen heißt siegen lernen. Das beweist auf konzise Weise der Aphorismus des Autors Jürgen K. Hultenreich aus dessen jüngstem Band „Ziele stehen im Weg“: „Blicke Deinen Feinden immer freundlich ins Gesicht, sie werden nie wissen, wie du es meinst.“ Tatsächlich ist das „chinesische Lächeln“ von westlicher Seite so rätselhaft und vieldeutig, daß es kaum zu entschlüsseln ist. Es umfaßt – so ein asiatischer Business-Führer – bis zu acht verschiedene „Eskalationsstufen“. Für die in den Talkshows ostentativ aufgesetze Maskerade etwa der AfD-Sprecherin Frauke Petry bedeutet dies zweifelsohne noch deutliches Steigerungspotential.


Ganz anders Taiwan. Jedenfalls präsentiert sich dessen Repräsentant, Professor Jhy-wey Shieh, der einst in Deutschland Germanistik und Neuere Literaturwissenschaft studiert hat und in Bochum promoviert wurde, als selbstbewußter, teils skurriler Komiker – ist er doch in seinem Heimatland Moderator einer populären TV-Show. Zur Feier der Gründung der Republik China im Jahr 1911 zündet der Repräsentant im Hotel Maritim an der Friedrichstraße ein Feuerwerk des Sprachwitzes, beginnend mit der Ansage: „Good China – Made in Taiwan.“ Schließlich sei es, so Enno Aufderheide, Generalsekretär der Humboldt-Stiftung, „ein freundliches, starkes, innovatives Land“, das beispielsweise weit besser gegen Hurrikans gerüstet sei als Florida. Zudem zeigte Aufderheide sich „stolz, daß viele ehemalige Humboldtianer wichtige Funktionen in Taiwan bekleiden“, so auch Botschafter Shieh. Der ist indes nicht zu bremsen, sich über die Kommunisten auf dem Festland lustig zu machen, getreu der Devise, daß Humor noch immer die beste Medizin ist.


Entsprechend kalauert er, Trumps diplomatischen Dissens antizipierend: „CIA – China is angry“ oder bedauert zur Eröffnung des Buffets, dieses müsse ohne kommunistische Fake-News, also ohne „eine richtige Peking-Ente“ auskommen. Dabei dreht Shieh den Spieß von Pekings „Status quo“-Propaganda um. Wenn die Volksrepublik China immer verlange, es dürfe den „Status quo“ nicht ändern, bestehe gar kein Dissens zu Taiwans Präsidentin, die darunter den Einsatz für Demokratie und Menschenrechte verstehe. Letztlich sei der „Status quo“ dynamisch, wie das Jahr 1989 in Deutschland. Dazu gehöre auch die Aufnahme Taiwans in die UN. Dort war gerade der Frontmann der Band Chthonic, Freddy Lim, Abgeordneter der New Power Party, für den Dokumentarfilm „Metal Politics Taiwan“, dessen erster Trailer im Internet kursiert.