© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 52/16-01/17 23. Dezember / 30. Dezember 2016

Hitlers Atombombe: Kernphysiker prüft die Dokumente des Uranvereins
Keine brauchbaren Berechnungen
(ob)

Zu den Klassikern unter den Legenden des Zweiten Weltkriegs zählt die Geschichte von „Hitlers Atombombe“. In der lebhaften, von Historikern, nicht von Physikern dominierten Diskussion gilt immer noch die Ansicht, die Mark Walker 1990 in seiner Arbeit über „Die Uranmaschine – Mythos und Wirklichkeit der deutschen Atombombe“ vertrat. Demnach hätten die im „Uranverein“ versammelten Physiker um Werner Heisenberg das Funktionsprinzip von Kernwaffen theoretisch verstanden, konnten die Atombombe aber wegen der kriegsbedingt knappen wirtschaftlichen Ressourcen des Deutschen Reiches nicht bauen. Manfred Popp, bis 2006 Leiter des Karlruher Forschungszentrums, las jetzt mit der Kompetenz des Kernphysikers die von Walker und anderen „Geschichtsschreibern“ benutzten Akten des Uranvereins neu und kommt zu dem Ergebnis, daß Heisenberg und seine Mitstreiter bis Kriegsende nicht wußten, „wie eine Atombombe konstruiert werden muß“ (Spektrum der Wissenschaft, 12/2016). Sie seien nicht einmal in der Lage gewesen, die „kritische Masse“ zu berechnen, die für eine enorme Energie entfesselnde Kettenreaktion der Uranspaltung erforderlich ist. In den von der US-Armee 1945 erbeuteten Dokumenten des Uranvereins fänden sich nicht einmal „Spuren einer versuchten Berechnung der kritischen Masse einer Bombe“. 


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