© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

Terror in der Türkei
Drohender Bürgerkrieg
Jürgen Liminski

In die Wut mischte sich der Zorn des Enttäuschten. Da hatte Erdogan doch jahrelang den Islamischen Staat unterstützt, mit ihm Geschäfte gemacht und sogar verhindert, daß der Nachschub-Korridor zwischen IS und der Türkei durch die Kurden geschlossen wurde, und jetzt dieser Anschlag. Die einzige Lösung für Erdogan konnte nur heißen: Das sind keine Muslime. Daß die Terroristen in Rakka erbost sind, weil Erdogan mit den (ungläubigen) Russen gemeinsame Sache auf seiten Assads macht und dieser Anschlag als Strafaktion zu sehen ist, das kam dem Despoten vom Bosporus vielleicht in den Sinn, zugeben kann er es aber nicht. 

Erdogans Probleme reichen auch weiter. Niemand traut ihm, weder Putin noch Trump, noch irgendein Despotenkollege in der arabischen Welt. Vielleicht findet er noch Verständnis in Berlin. Aber das hilft ihm nicht. Sein Land versinkt in Gewalt. Seine ebenso willkürlichen wie gnadenlosen Rachefeldzüge gegen die Gülen-Bewegung und die PKK ruinieren es. 

Mit Sehnsucht denken viele Türken an die Jahre demokratischer Freiheiten zurück. Das ist vorerst vorbei. Aber die Erinnerung sitzt tief und motiviert zum Widerstand. Ob PKK, IS oder andere Gruppen sich daran beteiligen, spielt keine Rolle mehr. Die Türkei droht in einen Bürgerkrieg zu gleiten.