© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

Die Schotten dicht machen
Ausblick auf 2017: Die Finnen feiern sich, West und Ost schaukeln sich hoch, und was macht Trump?
Curd-Torsten Weick

Geht es nach Nigel Farage, war das vergangene Jahre das „phantastischste, erhebendste, erstaunlichste“ Jahr überhaupt. Ein Jahr des Erwachens der „Nationalstaatsdemokratie“. Brexit, Trump, Italiens Ablehnung des Verfassungsreferendums und Hofers Erfolge in Österreich. Eben ein Jahr des „Erwachens der politischen Revolution“, so der Ex-Vorsitzende der Ukip. 

Doch gibt es 2017 etwas zu feiern? Sicher. Die Briten feiern den 100. Geburtstag des Hauses Windsor. In Rußland steht das hundertjährige  Jubiläum der Oktoberrevolution bevor. Und die Finnen feiern die hundertjährige Unabhängigkeit ihres Landes. Das Thema des Festjahres lautet „Gemeinsam“. 

Katalanen und Schotten stehen auf dem Sprung

Geht es jedoch nach dem Ex-Nato- General Sir Alexander Richard David Shirreff, von 2011 bis 2014 militärstrategisch verantwortlicher Oberbefehlshaber des Nato-Bündnisses für Operationen (Saceur), gibt es nichts zu feiern und auch wenig Gemeinsames. Im Gegenteil: 2017, so schreibt er in seinem gleichnamigen Buch, kommt es zu einem Atomkrieg mit Rußland. So weit wie sein Landsmann will Englands Verteidigungsminister Michael Fallon nicht gehen. Geht es nach dem Tory-Minister zeigt sich Britannien jedoch erst 2018 bereit, Krieg mit Rußland zu führen.

Doch ist auch die Nato präpariert? Die größte geplante Übung der Allianz soll jedenfalls im Frühling die von den US-Tuppen geführte „Saber Guardian“ sein. 30.000 Mann werden in Rumänien, Bulgarien sowie der Schwarzmeerregion, inklusive der Ukraine und Georgien, ins Manöver ziehen. Rußlands Staatschef, gleichzeitig Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte, will sich dadurch aber nicht beirren lassen und rüstet auf. Vor allem die strategischen Atomstreitkräfte Rußlands müßten mit Raketenkomplexen verstärkt werden, die garantiert jedwede existierenden und künftigen Raketenabwehrsysteme überwinden könnten, zitierte Sputniknews Wladimir Putin Ende Dezember. Zum anderen kündigte Generalstabschef Waleri Gerassimow an, im neuen Jahr seine Heeresgruppen in den westlichen, südwestlichen und arktischen Gebieten verstärken zu wollen.

Keine guten Zeichen. Doch bereits   am 20. Januar wird Donald Trump offiziell sein Amt antreten und im Anschluß die große Frage beantworten, wie er es mit dem Erbe Barack Obamas hält? Wird er vielleicht nun Guantánamo schließen? Wie hält der 70jährige es mit dem Iran, mit Peking und vor allem mit dem russischen Präsidenten? Wird er einen Neuanfang wagen? 

Neu starten wollen jedenfalls die Katalanen. Im September sollen sie in einem Referendum über die Unabhängigkeit abstimmen. Auch die Schotten liebäugeln – sollte der Brexit für sie zu ungüstig ausfallen – mit einer erneuten Volksabstimmung über den Ausstieg aus Großbritannien. 

Die Schotten dicht sagen dagegen Marine Le Pen (Front National) und Geert Wilders (PVV). Beide wollen mit dem Thema Migration bei der Parlamentswahl in den Niederlanden (15. März) respektive bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich ( 23. April) punkten. 

Le Pen liegt Prognosen zufolge zwar mit 29 Prozent hinter dem konservativen Shootingstar François Fillon, der mit 35 Prozent rechnen kann, doch weit vor dem unabhängigen Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron (15 Prozent) und dem Sozialisten Manuel Valls (13 Prozent). Und Wilders’ PVV befindet sich trotz Verurteilung wegen „Beleidigung einer Gruppe“ in einem Umfragehoch: Sie käme zur Zeit auf 33 Sitze und wäre somit mit Abstand stärkste Partei.

Doch während sich beide noch Hoffnung auf das von Farage ins Spiel gebrachte Wiedererwachen der Nationalstaaten setzen, verkündete das US-Magazin Forbes: „2017 wird das Jahr der Regionalisierung.“