© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/17 / 06. Januar 2017

Enttäuschte Partnerschaft
Siedlungsbau: USA lassen Uno-Resolution gegen Israel passieren und erzürnen damit Netanjahu / Pläne auch in Israel umstritten
Thorsten Brückner

Spätestens seit dem Jom-Kippur-Krieg 1973 verbindet die USA und Israel eine strategische Partnerschaft. Neben Finanzhilfen für Israels Militär und regelmäßigen Kreditbürgschaften war und ist ein wichtiges Element dieser Partnerschaft ein amerikanisches Veto im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, sollte Israel in einer Resolution angeklagt werden. 

Barack Obama hat in den letzten Wochen seiner Amtszeit mit dieser Komponente amerikanischer Außenpolitik gebrochen. Er ist damit aber nicht allein. Amerikanische Präsidenten haben in der Vergangenheit immer mal wieder Resolutionen gegen Israel im Sicherheitsrat passieren lassen, um dem Judenstaat seine Grenzen aufzuzeigen. Zuletzt tat dies 2004 Präsident George Bush. 

Ägypten beugt sich dem Druck Trumps 

Eine von Neuseeland, Venezuela, dem Senegal und Malaysia eingebrachte Resolution sollte nun Israel wegen seines Siedlungsbaus auf der Westbank und im Ostteil seiner Hauptstadt Jerusalem verurteilen. Ägypten hatte die Resolution als erstes eingebracht, dann aber auf Druck des künftigen US-Präsidenten Donald Trump zurückgezogen. Die Sisi-Regierung ist massiv von finanzieller Unterstützung der USA abhängig. Vierzehn Länder stimmten für den Text, die USA enthielten sich – und legten kein Veto ein.

 Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete die Abstimmung als Kriegserklärung und bestellte die Botschafter der 14 Länder ein. Konsequenzen ließen nicht lange auf sich warten. Ein Arbeitstreffen mit der britischen Premierministerin Theresa May sagte Netanjahu ab. Großbritannien ist ständiges Mitglied im Sicherheitsrat. Härter traf Netanjahus Rache Angola. Dem südostafrikanischen Land strich Israel die Entwicklungshilfe – dabei geht es allerdings um einen mehr oder weniger symbolischen Betrag. 

Likud-Rechtsausleger kritisiert „Raubgesetz“ 

Eines der wenigen Länder, das sich mit Israel solidarisierte, war Australien: Kurz nach der Abstimmung meldete sich die Außenministerin Julie Bishop zu Wort und betonte, ihr Land hätte nie „einer solch einseitigen Resolution“ zugestimmt. Netanjahu sprach vom „Schwanengesang einer alten anti-israelischen Welt“, die nun mit Präsident Donald Trump in eine neue Ära eintrete. Damit hätte es dann auch gut sein können. Die Resolution hat keine bindende Wirkung, und allen Parteien im Sicherheitsrat muß klar gewesen sein, daß eine Trump-Administration ein Veto gegen ein mögliches Sanktionsregime gegen Israel einlegen würde.

Doch US-Außenminister John Kerry legte nach. In einer Rede, die weitläufig als Generalabrechnung mit der israelischen Siedlungspolitik bewertet wurde, verurteilte er die derzeitige israelische Regierung scharf. Sie sei die rechtsgerichtetste in der Geschichte und von extremistischen Elementen getrieben. 

Netanjahus Konter ließ nicht lange auf sich warten. Man habe Beweise, daß die USA hinter der Lancierung des Resolutionsentwurfs steckten. Diese werde man mit der kommenden US-Regierung teilen.

Die Fortsetzung der Nahostpolitik mit anderen Mitteln fand dann auf Twitter statt. Der künftige US-Präsident Trump schrieb auf dem Kurznachrichtendienst: „Bleib stark Israel, der 20. Januar (also der Tag seiner Amtseinführung) kommt bald!“ Israel sei mit Geringschätzung und mangelnder Fairneß behandelt worden. Netanjahu schrieb zurück: „Ich hätte es selbst nicht besser sagen können“ und „Danke, für Ihre Unterstützung, President-elect Trump“.Aber auch Trump könnte mit Netanjahu nicht nur Freude haben. Die jetzige Vorgehensweise Obamas entstand nicht im luftleeren Raum.

Anfang Dezember stimmte die Knesset einem Gesetz in erster Lesung zu, das Siedlungen auf privatem palästinensischem Land gegen eine großzügige jährliche Entschädigung für die Eigentümer legalisieren würde. Damit will Netanjahus rechter Koalitionspartner „Jüdisches Haus“ von Bildungsminister Naftali Bennett vor allem bisher illegale Außenposten legalisieren. 

Aber auch mittelgroße Siedlungen wie Ofra in der nördlichen Westbank mit seinen fast 4.000 Einwohnern fielen darunter. Der Oberste Gerichtshof Israels hat wiederholt Siedlungen, die auf Privatland derb Palästinenser errichtet wurden, für illegal erklärt und die Regierung in Tel Aviv zu Räumungen aufgefordert. Die Opposition in der Knesset und der von Netanjahu ernannte Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit kritisierten das Gesetz scharf. Letzterer deutete gar an, daß er nicht imstande sei, es vor dem Obersten Gerichtshof zu verteidigen, da es verfassungswidrig sei. Selbst Likud-Rechtsausleger Benny Begin, Sohn des früheren Premierministers Menachem Begin, bekundete seine Ablehnung und sprach von einem „Raubgesetz“. 

Als Reaktion auf die UN-Resolution will Netanjahu die finale Abstimmung über das Gesetz nun vorziehen – ursprünglich wollte die israelische Regierung damit warten, bis Obama aus dem Amt scheidet.