© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/17 / 13. Januar 2017

Zeitschriftenkritik: Wolf
Männer wollen mehr Sinn im Leben
Werner Olles

Ein neues „Männer-Magazin fürs Wesentliche“ mit einer Chefredakteurin und einer komplett weiblichen Redaktion: das entbehrt nicht einer gewissen Originalität. Bei den Autoren hält es sich die Waage, und so ist Wolf zwar ein Magazin für Männer, doch bereits das Editorial macht klar, daß hier nicht so getan wird, „als ob wir alle Steve McQueen wären“ und „permanent in unserem Aston Martin unterwegs vom Gin-Tonic-Gelage mit Supermodels zum Hochseeangeln in der Karibik.“ Die aktuelle Generation von Männern lebe ganz anders: „Nämlich ein Hochgeschwindigkeitsleben in einer sich beschleunigenden Welt. (…) Väter, die um 16 Uhr an der Kita stehen. Ein Mann mit echten Freunden, der zu sagen schafft, wie es ihm wirklich geht, ohne vorher eine halbe Kiste Bier trinken zu müssen.“

Laut einer Studie von 2016 wünschen sich 68 Prozent der Männer Entschleunigung und 81 Prozent mehr Sinn im Leben. Solche Männer, wie den 46jährigen Südtiroler Wegebauer Erich Kirchner, stellt die erste Ausgabe von Wolf vor. Kirchner baut Wanderwege im Auftrag des Landes Südtirol, und seine Arbeit den ganzen Tag draußen in den Bergen macht ihm Freude. Seit 15 Jahren rackert er sich in Handarbeit ab, nimmt seine Brotzeit unter freiem Himmel ein und übernachtet in den Schutzhütten.

Ein Mann, der in Sekundenbruchteilen Entscheidungen treffen muß, ist der 50jährige Hamburger Lotse Ben Lodemann. Er sorgt dafür, daß die Schiffe auf der Elbe sicher von der Mündung in den Hamburger Hafen kommen. Ein Beruf mit Tradition, denn die Elblotsen gibt es schon seit dem 13. Jahrhundert. Viele Jahre lang war er Kapitän auf Fracht-, Passagier- und Segelschiffen, den Fluß kennt er wie seine Westentasche selbst im Dunkeln, denn die Schiffe müssen morgens zum Löschen der Ladung im Hafen liegen.

Der Krimiautor Til Raether plädiert in seiner Kolumne „In aller Feindschaft“ für weniger falsche Freunde – sondern lieber ein paar echte Feinde. Er zitiert den irischen Schriftsteller Flann O’Brian: „Wichtig sind Essen, Geld und Gelegenheit, seine Feinde zur Sau zu machen.“ Diese drei Dinge brauche ein Mann, und schon werde man nicht mehr viel Geplärre von ihm zu hören kriegen. Über Achtsamkeit schreibt er, dies habe nichts mit Kuschel-Esoterik zu tun, sondern sogar Spitzensportler und Elitesoldaten nutzten das vor vierzig Jahren in den USA erfundene Mentaltraining, um einen klaren Kopf zu bekommen und sich auf das Jetzt zu fokussieren.

Weitere Beiträge in dem 138 Seiten umfangreichen Heft befassen sich mit der Wiederentdeckung der guten alten LP („Das schwarze Vinyl – das schwarze Wunder“), mit Männern, die sich mehr Natur, einen einsamen Ort oder einfach nur Ruhe wünschen und all dies in einem Gartenhaus im Grünen finden, und der großen Liebe eines Mannes zu einer Frau und einer Stadt, bis er sich vor zehn Jahren von beiden trennte und jetzt zurückkehrte: ein herrlich nostalgischer Zeitreise-Bericht aus Seattle. 

Kontakt: Gruner und Jahr, Am Baumwall 11, 20459 Hamburg. Das Einzelheft kostet 8,50 Euro. 

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