© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/17 / 13. Januar 2017

Knapp daneben
Der gute Wille zählt
Karl Heinzen

Belgien hat eine neue Heldin. Kurz bevor das alte Jahr zu Ende ging, landete Natascha Breugelmans auf dem Brüsseler Flughafen Zaventem und lächelte erleichtert in die Kameras der Medien, die die Heimkehr der „Antwerpener Mutter“ wie ein verspätetes Weihnachtsgeschenk feierten. Sieben Jahre lang hatte sie die Seychellen von einer Seite kennengelernt, die in keinem Urlaubskatalog zu finden ist.

Allerdings war sie dorthin auch nicht als Touristin, sondern als Geschäftsreisende aufgebrochen. Ein Pfund Heroin hatte sie in das Inselparadies einzuführen, um es noch paradiesischer zu machen. Dafür winkte ihr das stolze Honorar von 10.000 Euro. Nachdem sie ihren Auftrag ausgeführt und das Frachtgut dem Empfänger übergeben hatte, wurde sie jedoch um die Früchte ihrer Arbeit gebracht. Die Drogenfahndung nahm ihren Kontaktmann fest, der sie leider denunzierte. Zu zehn Jahren Haft verurteilt, erwirkte ein Gnadenakt des Präsidenten der Seychellen, Danny Faure, nun ihre überstürzte Freilassung.

Warum begeht eine alleinerziehende Mutter eine derart riskante Straftat? Sie konnte ihre Miete nicht bezahlen.

Gefühle der Dankbarkeit wollen in Natascha Breugelmans aber nicht aufkommen. Auf diese Weise wollte man wohl vertuschen, so ihre Vermutung, daß sie in der Haft von einem Gefängniswärter schwanger wurde. Sollte dies tatsächlich die Intention von Faure gewesen sein, hätte er nicht so geizig sein dürfen, ihr ein Schweigegeld zu verweigern.

Warum begeht eine alleinerziehende Mutter eine derart riskante Straftat? Diese Frage haben die belgischen Medien nicht nur aufgeworfen, sondern auch gleich beantwortet: Sie konnte ihre Miete nicht mehr bezahlen und wollte verhindern, daß ihre Kinder auf der Straße stehen. Das ist nicht nur rührend, sondern vorbildlich – nicht bloß für fürsorgliche Mütter, sondern für alle, die wirtschaftlich in Existenznot geraten. Anstatt untätig dazusitzen und der Gesellschaft zur Last zu fallen, ist es ihre Pflicht, die Ärmel hochzukrempeln und das Schicksal selbstverantwortlich in die Hand zu nehmen. Natürlich, man muß dabei ja nicht unbedingt gleich kriminell werden. Aber zählt der gute Wille nicht manchmal mehr als die Tat, die ihm entspringt?