© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/17 / 20. Januar 2017

Die Mannschaft
Könner, Ehrgeizige und Schillernde: Die Bewerber für das Kabinett des US-Präsidenten stehen fest
Thorsten Brückner

Am 20. Januar tritt Donald Trump das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten an. Auch bei der Auswahl seines Kabinetts setzt der unkonventionelle Geschäftsmann, der noch nie zuvor ein politisches Amt bekleidet hat, auf Quereinsteiger. Für sieben der 14 von ihm ernannten Minister ist es das erste politische Amt. Dem Kabinett wird nur eine Frau angehören. Das Agrarministerium bleibt zunächst unbesetzt. Diskussionen gab es im Vorfeld um den Posten des Verteidigungsministers. Dieser soll laut Gesetz von einem Zivilisten bekleidet werden, weswegen Ex-Militärs nach ihrem Ausscheiden eigentlich sieben Jahre warten müssen, bis sie Pentagon-Chef werden können. Der Senat hat hier für Trumps Kandidaten James Mattis eine Ausnahmegenehmigung erteilt.

„Ich möchte, daß die Leute in meinem Kabinett sie selbst sind und ihre eigenen Ansichten vertreten, nicht meine“, twitterte Trump am Rande der Senatsanhörungen seiner künftigen Minister. Der neue US-Präsident hat Persönlichkeiten ernannt, die Auffassungen vertreten, die teilweise konträr zu Trumps Wahlkampfversprechen stehen, sei es ein möglicher Einreisestopp für Muslime, „Waterboarding“ von Terroristen oder das Verhältnis zu Rußland. 

Alle Kabinettsbewerber müssen erst eine Abstimmung im jeweiligen Senatsausschuß überstehen, bevor das Plenum des Senats über sie abstimmt. Gefährdet ist dabei vor allem Außenminister Rex Tillerson. Sollte Floridas Senator Marco Rubio, der bei Tillersons Anhörung wegen dessen engem Verhältnis zum Kreml erhebliche Zweifel angemeldet hat, im Auswärtigen Ausschuß des Senats gegen ihn stimmen, müßte sich Trump einen neuen Kandidaten suchen. Die Republikaner haben dort nur eine Mehrheit von einer Stimme.

Assistenten wie der Nationale Sicherheitsberater Mike Flynn oder der Nationale Geheimdienstdirektor, der frühere US-Botschafter in Deutschland, Dan Coats, sind Teil des „Executive Office of the President“ und benötigen keine Bestätigung mehr durch den Senat. Keine Zustimmung durch den Senat benötigt auch Vizepräsident Mike Pence, der zusammen mit Trump gewählt worden ist. Er ist gleichzeitig Präsident des Senates und gibt bei Stimmengleichheit den Ausschlag. Die Republikaner verfügen über eine knappe Mehrheit (52 zu 48) im Senat.





Ryan Zinke 

Innenminister

Der 55jährige ehemalige Navy-Seals-Kommandeur wurde bei den Zwischenwahlen 2014 als Abgeordneter für Montanas einzigen Sitz ins Repräsentantenhaus gewählt. Anders als die Mehrheit seiner republikanischen Partei setzt sich Zinke gegen die Rückgabe öffentlichen Landes von der Zentralregierung an die Bundesstaaten ein. Ob unter ihm als Innenminister Obamas Last-Minute-Anstrengungen, mehr als 4.000 Quadratkilometer Land in Utah und Nevada für Nationalmonumente zu konfiszieren und damit zu Bundeseigentum zu erklären, rückgängig gemacht werden, bleibt zweifelhaft. Konservative Kritiker werfen ihm zudem Lavieren beim Thema Klimawandel vor.





James Mattis 

Verteidigungsminister

„Mad Dog” ist der wenig schmeichelhafte Spitzname des künftigen Verteidigungsministers. Er unterstützt den von Obama eingeleiteten Kurswechsel, der es bekennenden Schwulen und Lesben erlaubt, in den Streitkräften zu dienen. Gegenüber Rußland schlägt Mattis eine schärfere Tonart an als Trump. Von allen weltweiten Bedrohungen sei Rußland derzeit die gefährlichste, so Mattis 2015. Anders als Trump, der die Notwendigkeit der Nato in Frage stellt, bekennt sich der 66jährige Ex-General zum Bündnis. „Wenn es die Nato heute nicht gäbe, müßten wir sie erfinden“, sagte er bei seiner Anhörung vergangene Woche im Senat.





John Kelly

Heimatschutzminister

Daß Trump sich keine Ja-Sager, sondern Persönlichkeiten mit eigenem Kopf ins Kabinett holt, beweist John Kelly, der das 2003 geschaffene Heimatschutzministerium führen soll. Anders als sein Chef lehnt er Waterboarding als Verhörmethode ebenso ab wie den von Trump geforderten Einwanderungsstopp für Muslime. Neben einer Mauer zu Mexiko will er sich in Kooperation mit lateinamerikanischen Ländern gegen Menschenhandel engagieren. Sogar demokratische Senatoren halten den 66jährigen, dessen Sohn 2010 in Afghanistan fiel, für eine gute Wahl.





Wilbur Ross

Wirtschaftsminister

Wie kein anderer verkörpert der künftige Wirtschaftsminister Wilbur Ross Trumps neue Wirtschaftspolitik. Seit langem kämpft der Milliardär aus Palm Beach/ Florida, dessen Vermögen Forbes auf 2,9 Milliarden US-Dollar schätzt, dafür, Fertigungsstellen im Land zu halten. Dabei setzt er auch auf Schutzzölle, mit denen Trump schon vor Beginn seiner Amtszeit Automobilunternehmen droht, die ihre Produktion für den US-Markt ins Ausland verlegen. In der Vergangenheit machte sich das mit 79 Jahren älteste künftige Kabinettsmitglied vor allem durch die Rettung maroder Betriebe, besonders in der Textil- und Stahlindustrie, einen Namen.





Mike Flynn

Nationaler Sicherheitsberater

Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater Michael Flynn gilt als scharfer Kritiker des Islam, den er eine „politische Ideologie“ und ein „Krebsgeschwür“ nannte. Der 58jährige Ex-Chef des militärischen Nachrichtendienstes ist registrierter Demokrat. In der Kritik steht er wegen seiner angeblichen Nähe zu Rußland. Mit Blick auf die Nato teilt er Trumps Einschätzung, daß andere Mitgliedstaaten zuwenig zahlen. Die Allianz sei zudem in vielen Dingen noch im 20. Jahrhundert steckengeblieben. Als Nationaler Sicherheitsberater gehört er zum Executive Office und benötigt keine Bestätigung durch den Senat.





Rex Tillerson

Außenminister

Der bisherige Chef von Exxon Mobil steht wegen seiner engen Beziehungen zu Wladimir Putin in der Kritik. Vom Kreml-Chef erhielt Tillerson sogar eine Auszeichnung. In der Vergangenheit warb der 64jährige wiederholt für globale Freihandelsabkommen wie das Transpazifische Partnerschaftsabkommen. Bei seiner Anhörung im Senatsausschuß nannte er Rußland eine Gefahr, äußerte sein Verständnis über die Besorgnis von Nato-Partnern angesichts des russischen Eingreifens in der Ukraine und bezeichnete die Annexion der Krim als illegal. Seine Bestätigung durch den Senat gilt dennoch als unsicher.





Steven Mnuchin

Finanzminister

Der frühere Goldman-Sachs-Mitarbeiter Mnuchin hat ehrgeizige Pläne. Er strebt die größte Einkommensteuerreform seit Ronald Reagan an. Die Unternehmenssteuern will er von derzeit 35 auf 15 Prozent senken. Gegenüber China teilt er Trumps harten Kurs und deutet an, das Land möglicherweise als Manipulator von Währungskursen zu brandmarken. Der ehemalige Mitarbeiter von Investor George Soros lobt Notenbankchefin Janet Yellen und spricht sich für die Beibehaltung der Niedrigzinspolitik aus. Der 54jährige New Yorker, der mit einer fast 20 Jahre jüngeren Schauspielerin verlobt ist, setzt statt globaler Freihandelsabkommen auf bilaterale Verträge.





Andrew F. Puzder

Arbeitsminister

Der 66jährige Rechtsanwalt, der sich in den 80er Jahren als Anti-Abtreibungs-Jurist in Missouri einen Namen machte, feierte seinen unternehmerischen Durchbruch als Präsident und Geschäftsführer der Restaurantkette CKE in Kalifornien. Dort sprach er sich wiederholt gegen Arbeitnehmerschutzrichtlinien des Bundesstaates wie verpflichtende Pausen aus. Auch ist er ein scharfer Kritiker des dortigen Mindestlohns von 15 Dollar pro Stunde. Wie sein Boß Trump schätzt er freizügige Frauen: „Ich mag schöne Frauen, die im Bikini Burger essen“, begründete er eine Plakat-Kampagne, auf der leicht bekleidete Frauen sein Essen anpriesen. Demokraten warfen ihm deswegen Geringschätzung von Frauen vor.





Mike Pompeo

CIA-Direktor

Der Tea-Party-Abgeordnete aus Kansas soll neuer Chef des Geheimdienstes CIA werden. Über Erfahrung auf dem Gebiet verfügt Pompeo durch seine Tätigkeit im Geheimdienstausschuß des Repräsentantenhauses. Dort wandte er sich 2014 gegen die Veröffentlichung eines Berichts, der Folterpraktiken der CIA gegen Kriegsgefangene nach dem 11. September dokumentierte. Der 53jährige Golfkriegsveteran unterstützt die NSA-Aufklärungsprogramme und fordert die Todesstrafe für Whistleblower Edward Snowden. Wiederholt hat er sich gegen eine Schließung des Gefangenenlagers in Guantanamo ausgesprochen.





Rudy Giuliani

Berater für Cybersicherheit

Er wollte Außenminister werden, am Ende reichte es noch nicht mal zu einer richtigen Beratertätigkeit für den Präsidenten. Eine Gruppe von Cybersicherheits-Experten aus der Privatwirtschaft soll der 72jährige zusammenstellen, die Präsident Trump berät. Der frühere Bürgermeister von New York und ehemalige Präsidentschaftskandidat Rudy Giuliani, der Chef einer Beratungsfirma für Cybersicherheit ist, wird für die Tätigkeit nicht einmal in die US-Hauptstadt umziehen.