© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/17 / 20. Januar 2017

„Größer und schöner als die chinesische Mauer“
Illegale Einwanderung: US-Präsident Trumps Wille, den Grenzzaun zu erweitern, erzürnt die Mexikaner
Liselotte Millauer

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto ist sauer. „Natürlich wird Mexiko nicht für die Mauer bezahlen“, sagte er vergangene Woche bei der Jahrestagung des diplomatischen Korps in Mexiko-Stadt zum wiederholten Mal. Der Ausbau der Grenzanlagen sei eines der Themen, bei denen seine Regierung eine gänzlich andere Meinung habe als die US-amerikanische.

Wenige Stunden zuvor hatte Donald Trump auf einer Pressekonferenz seinen Plan bekräftigt, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu errichten, um die illegale Einwanderung zu stoppen. „Ich könnte eineinhalb Jahre warten, bis wir die Verhandlungen beenden, die direkt nach meinem Amtsantritt beginnen werden. Aber ich will nicht warten“, sagte Trump. „Wir werden anfangen zu bauen. Auf irgendeine Art und Weise wird uns Mexiko für die Kosten der Mauer entschädigen. Sei es über eine Steuer oder eine Abgabe.“ 

Die Mauer war eines von Trumps wichtigsten Wahlversprechen. „Größer und schöner soll sie werden als die historische Chinesische Mauer“, schwärmte er bei nahezu jeder Wahlkampfveranstaltung. Kostenpunkt: 25 Milliarden Dollar. Die etwa 3.200 Kilometer lange Grenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko umspannt neben sechs mexikanischen Provinzen vier amerikanische Staaten. Vom Golf von Mexiko verläuft sie von Texas aus über New-Mexico, Arizona und Kalifornien bis zum Pazifischen Ozean in San Diego. 

Sie gilt als weltweit meistfrequentierte Grenze. Allein fünf Millionen Autos passieren sie jedes Jahr. Die 20.000 Grenzbeamten können allerdings nur rund 1.100 Kilometer kontrollieren. Grenzstationen exisieren nur auf den Hauptstaßen und wichtigsten Übergängen. Zuletzt sank die illegale Einwanderung in die Vereinigten Staaten laut dem Pew Research Center auf den tiefsten Stand seit 1990. Der Rauschgifthandel floriert. Regelmäßig werden neue Drogentunnel ausgehoben.

Im April 2016 entdeckten Behörden in Kalifornien den bisher längsten Tunnel an der Grenze. Über eine halbe Meile lang schlängelte er sich von einem Haus in Tijuana zu einem Geschäftskomplex in Otay Mesa bei San Diego – ausgestattet mit Schienensystem, Beleuchtung und Luftzufuhr. Die Polizei beschlagnahmte rund eine Tonne Kokain. 

Nicht nur deshalb strebt Präsident Peña Nieto eine gute Partnerschaft mit dem US-Präsidenten an. In anderthalb Jahren finden in Mexiko Präsidentschaftswahlen statt. Der Staat ist laut dem Washingtoner Thinktank Migration Policy Institute zunehmend Transit- und Zielland für Migranten aus ganz Lateinamerika. Diese tragen wiederum zur Finanzierung der Drogenkartelle bei, die ihr Rauschgift in den USA abzusetzen versuchen.