© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/17 / 20. Januar 2017

Frisch gepresst

Behemoth. Die Aussichten steigen, daß eskalierende Konflikte mit den als „Neubürger“ begrüßten Sendboten vormoderner Gewaltkulturen bald einem realitätstüchtigeren Staatsverständnis Platz machen. Zum Beispiel dem des Thomas Hobbes (1588–1679), dem zufolge der Staat der „mit großer Macht fortwährend verhinderte Bürgerkrieg“ ist. Der Staat, bei Hobbes symbolisiert durch den Leviathan, das mythische Ungeheuer des Buches Hiob, unterdrückt das Chaos, verkörpert durch eine andere alttestamentliche Schreckgestalt, den Behemoth. Auf dieses weniger bekannte zweite hiobsche Monster konzentriert sich das bis zu altägyptischen Reliefs zurückführende, Hobbes und dessen kritischen Verehrer Carl Schmitt in den Mittelpunkt stellende Kapitel aus der Geschichte der politischen Ikonologie, das der Berliner Kunsthistoriker Horst Bredekamp aufschlägt. Vom Verlag generös illustriert, verfolgt Bredekamps atemberaubend beziehungsreicher Text den Weg Behemoths und Leviathans bis in die Gegenwart. Daß Hobbes oder, wie jüngst Jürgen Kaube (FAZ) frohlockte, Schmitt ins „politische Antiquariat“ gehören könnten, erweist sich anhand dieser hochaktuellen Ideengeschichte genauso als bizarrer Irrtum wie die von Bredekamp zitierten Abgesänge bundesdeutscher Lehrer des Öffentlichen Rechts, die den „Tod des Nationalstaates“ preisen. (wm)

Horst Bredekamp: Der Behemoth. Metamorphosen des Anti-Leviathan. Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2016, broschiert, 117 Seiten, Abbildungen, 24,90 Euro






Drieu la Rochelle. Der junge Gilles Gambier ist ein suchender Träumer, aber zugleich todernster Realist. Er kehrt 1917 von der Front nach Paris zurück und sucht in den Salons und Cafés Zerstreuung. „Die Unzulänglichen“ ist die schonungslose Darstellung eines verstörten Mannes, der sein Dandytum zu überwinden versucht. Dabei sieht er die Politik als Mittel zum Zweck. Sein Weg führt ihn von sozialistischen Gruppen schließlich zum Faschismus. Als Agent zieht Gambier in den Spanischen Bürgerkrieg – eine spannende wie irritierende Entdeckung! Der Autor Pierre Drieu la Rochelle (1893–1945) galt auch in Frankreich lange als Verfemter des Literarturbetriebs. Erst 2012 fand er Eingang in die renommierte Pléiade-Bibliothek: ein postumer Ritterschlag und eine späte Versöhnung mit einem europabegeisterten Nationalisten. (vi)

Pierre Drieu la Rochelle: Die Unzulänglichen. Jungeuropa Verlag, Dresden 2016, gebunden, 556 Seiten, 24 Euro