© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/17 / 27. Januar 2017

Faktencheck nicht bestanden
In seinem Online-Projekt „So geht Medien“ macht der Bayerische Rundfunk den „Fake-Test“ und fällt selbst durch
Ronald Berthold

Während die Politik vor Falschmeldungen im Internet warnt und härtere Strafen für die Verfasser und Verbreiter fordert, hat der Bayerische Rundfunk (BR) ein eigenes Online-Projekt gestartet. 

„So geht Medien“ gibt vor, jungen Menschen die „Medien-Basics“ zu erklären, verrennt sich jedoch nach einer unvollständigen Erläuterung der journalistischen Darstellungsformen in eine einseitige Kampagne gegen die vermeintliche Lügen-Gefahr im Netz, die man auch unter dem Motto „Alle kritischen Berichte über Flüchtlinge sind Fakes“ zusammenfassen könnte. Allerdings nehmen es die Macher mit der Wahrheit selbst nicht sehr genau. 

„Lügen im Internet erkennen“ nennt der BR das dazugehörige „Fake-Tutorial“. Dort heißt es, das Netz sei „mal als das demokratischste Medium gefeiert“ worden, „doch immer mehr Nachrichten“ stellten sich als „gefälscht und manipuliert“ heraus. Diese „Fakes“ seien auch das Werk von „politischen Hetzern“. 

In einem sechseinhalbminütigen Video präsentiert Moderator Sebastian Schaffstein als einziges Beispiel dafür einen Text mit der Überschrift: „Asylanten erhalten täglich Essen für über 16 Euro, Hartz-IV-Empfänger nur 4,72 Euro“. Dann zeigt er, wie er einen „Faktencheck“ macht: „Ich recherchiere die Zahlen mal nach, lese andere Artikel und rufe bei den zuständigen Behörden an.“ Nach 30 Minuten sei klar: „Es stimmt nicht.“ Denn 16 Euro bekomme „nicht der einzelne Flüchtling, sondern der Caterer“. Allerdings hat die Überschrift auch nicht behauptet, Flüchtlinge bekämen die 16 Euro, sondern daß das Essen diese Summe koste. Dennoch sagt Schaffstein: „Der Inhalt der Meldung ist total verdreht.“ Dann leuchtet ein Blaulicht, tönt eine Sirene, und das Wort „Fake-Alarm“ erscheint. 

Doch handelt es sich wirklich um einen „Fake“? Auffällig: Der BR zeigt nicht die Internetadresse, sondern sagt nur, der Artikel sei bei Facebook gepostet worden. Auch blendet er nicht den Text ein, sondern nur die Überschrift. 

Da Schaffstein seine Zuschauer aufgefordert hat, bei zweifelhaften Meldungen einen „Faktencheck“ zu unternehmen, bietet es sich an, dies gleich in diesem Fall auszuprobieren. 

Wer das tut, findet einen Artikel mit exakt dieser Schlagzeile auf BerlinJournal.biz. Tatsächlich geht es in dem Text ausschließlich um die Kosten für den Caterer, die differenziert je nach Stadt und Bundesland aufgeschlüsselt werden. Kein Wort darüber, daß ein Flüchtling 16 Euro bekomme, wie von Schaffstein unterstellt. Wie würde der BR das Ergebnis des Faktenchecks seines Fake-Tutorials nennen? „Fake-Alarm!“