© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/17 / 27. Januar 2017

Neue Männer braucht der Mars
Widerborstig und testosterongesteuert: Revolutioniert eine bemannte Expedition zum Roten Planeten auch das gegenderte Männerbild?
Wolfgang Kaufmann

Von den 45 Raumsonden, die seit Oktober 1960 in Richtung Mars geschossen wurden, erreichten 26 ihr Ziel nicht oder stürzten auf dem Roten Planeten ab, wie erst vor drei Monaten das europäisch-russische Landemodul „Schiaparelli“. Dies zeigt deutlich die Grenzen der Erkundung benachbarter Himmelskörper mittels Automaten: Am Ende braucht es eben doch den Menschen, welcher im Falle technischer Probleme oder anderer unvorhergesehener Ereignisse eingreifen und die Mission zu einem erfolgreichen Ende führen kann.

Dabei stellt der bemannte Marsflug natürlich eine immense technische und finanzielle Herausforderung dar – realistische Schätzungen gehen von bis zu 500 Milliarden Dollar Gesamtkosten aus, wobei zu bedenken ist, daß Kriege oftmals deutlich höhere Summen zu verschlingen pflegen. Warum also nicht einmal richtig viel Geld für etwas Konstruktives in die Hand nehmen?

Sozial sensible Männer ohne Handlungsautonomie

Zumal solche Marsmissionen ja auch durchaus Nutzen bringen würden, und zwar keineswegs bloß für wißbegierige Planetologen. Man denke da nur an all die Technologieschübe wie seinerzeit beim Mondprogramm, dem wir den Durchbruch bei der Mikroelektronik beziehungsweise Computertechnik zu verdanken haben. Zum anderen – und das wird derzeit fast immer übersehen – könnte das Marsprojekt aber auch manchen höchst überflüssigen Ideologien den Garaus machen.

Um dies zu verstehen, empfiehlt sich ein Blick auf die offiziellen Anforderungen an die Personen, welche heute in der Internationalen Raumstation ISS ihrer Arbeit nachgehen. Von denen wird neben höchster fachlicher Brillanz vor allem Sensibilität, Einfühlungsvermögen, Anpassungsfähigkeit und Kollektivgeist erwartet. Ebenso darf es keine privaten Eskapaden geben, denn Raumfahrer sind in der Regel Staatsdiener, deren Fehlverhalten genauso skandalisiert werden könnte wie das von Politikern – mit allen negativen Folgen für das Image der jeweiligen Weltraumagentur und für kommende Budgetverhandlungen.

Zugleich müssen diese Edelmenschen aber bereit sein, sich von der allzeit präsenten Bodenstation herumkommandieren zu lassen und auf jedwede Handlungsautonomie zu verzichten. Schließlich werden sämtliche Minuten des Tages vom Kontrollzentrum verplant, ohne daß die Astronauten hier ein nennenswertes Mitspracherecht genössen. So ist es beispielsweise Usus, Schlafschichten vorzuschreiben, welche dann eben von Punkt 22.59 bis 6.47 Uhr zu dauern haben. Damit dergleichen funktioniert, braucht man natürlich Leute, denen es nichts ausmacht, als fremdbestimmtes Rädchen in einem großen Getriebe zu agieren.

Allerdings setzt sich jetzt in Thinktanks wie dem Ames Research Center der Nasa die Erkenntnis durch, daß die Marsflugkandidaten aus einem anderen Holz geschnitzt sein müßten. So liegt der Vorschlag des Ernährungswissenschaftlers Samuel Lepkovsky auf dem Tisch, lauter Übergewichtige auf die Reise zu schicken, die von ihren Fettreserven zehren könnten, wodurch man weniger Nahrung mitzuführen bräuchte.

Anders hingegen die Psychologen: Die fangen jetzt plötzlich an, sich über alle Gebote der Gender-Ideologie und politischer Korrektheit hinwegzusetzen und nach genau den eigenständig denkenden, widerborstig-testosteronstrotzenden Helden-Typen zu rufen, welche die Mercury-, Gemini- und Apollo-Ära geprägt haben: Solche Machos seien nämlich am ehesten in der Lage, auch dann die Nerven zu behalten und effektiv zu handeln, wenn die Befehle der Bodenstation ausblieben. Das meinen unter anderem Shoichi Tachibana von der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA und Nick Kanas, emeritierter Professor für Weltraumpsychologie an der University of California. Sollte also der vom Feminismus gebeutelte Mann der Alten Schule im Zuge des Marsprojekts aus seiner zusehends schrumpfenden ökologischen Nische heraustreten dürfen, wäre das ebenfalls ein „großer Schritt für die Menschheit“ – und zwar schon lange bevor die erste Crew neuen Typs zum Roten Planeten aufbricht.