© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/17 / 03. Februar 2017

Merkels Erdogan-Politik
Zweierlei Maß
Jürgen Liminski

Man kann über das Einwanderungsdekret des US-Präsidenten trefflich streiten, und die Amerikaner tun das auch. Seine Gegner bedienen sich der Mittel des Rechtsstaats, die es gibt; die Gewaltenteilung funktioniert. Das wird auch Trump erfahren. 

Der Konsument des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hierzulande allerdings gewinnt den Eindruck, die Dekrete Trumps seien Ermächtigungsgesetze und die USA stünden kurz vor dem Sturz in eine Diktatur. Ganz anders die Türkei, wo Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerade jetzt einen Regierungschef besucht, der tatsächlich die Gewaltenteilung aushebelt und selbst vermeintliche Gegner bis ins Ausland verfolgt. 

Man kann sich auch fragen, was die Kanzlerin, die das Asylrecht grob mißachtet hat – Stichwort Dublin – gerade jetzt bewegt, den Anfänger Trump in puncto Asylrecht zu belehren und dem Diktator Erdogan, der weder Recht noch Asyl achtet und mit islamistischen Terroristen kooperiert, ihre Aufwartung zu machen. Die Balkanroute ist dicht, und ihr Besuch wird von Erdogan als Zustimmung zu seiner „Politik“ propagiert werden. Doch Merkel denkt sich vermutlich, daß man mit antiamerikanischen Tönen im Bundestagswahlkampf mehr punkten kann als mit Kritik an Erdogan. Warum also nicht schon mal den Mund spitzen, bevor Schulz auf dieser Flöte pfeift.