© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/17 / 03. Februar 2017

Mina Ahadi. Die Vorsitzende des Zentralrates der Ex-Muslime warnt vor dem Islam
Die Zornige
Marco F. Herrmann

Wenn Kinder gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen, dann ist das mentale Kindesmißhandlung!“ Mina Ahadi kennt in dieser Frage kein Pardon. Die Frauenrechtlerin ist Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime (ZdE), der in diesen Tagen sein zehnjähriges Bestehen feiert. Der Name ist eine doppelte Provokation. Ahadi benennt die offensichtliche Opposition zum Zentralrat der Muslime, und sie bricht zudem ein Tabu: Ex-Muslime – das gibt es nicht. Denn auf Abfall vom Koran steht im Islam der Tod. Die gebürtige Iranerin weiß das besser als manch anderer. 

In einer aserbaidschanischen Familie 1956 zur Welt gekommen, bricht sie mit 15 Jahren mit der Religion. Als sie in den 1970ern im nordiranischen Täbris ihr Medizinstudium beginnt, trennt sie sich von der verhaßten „Einzelzelle“, wie sie den Tschador nennt. Sie schließt sich der linken Opposition an – erst gegen den Schah, dann gegen Chomeini. Als der Ayatollah 1979 die Universität besucht, organisiert sie eine Demonstration – und macht sich zur Staatsfeindin. Knapp entkommt sie dem Geheimdienst Vevak und kann in den kurdischen Teil des Landes fliehen, wo sie zehn Jahre lang an der Seite kommunistischer Partisanen die Mullahs bekämpft.

Heute lebt Ahadi in Köln. An ihrem Türschild steht ein falscher Name. Sie steht unter Polizeischutz, erhält Morddrohungen. Ihren Kampf gegen den Islam führt sie fort. Weil dieser Menschen in Gruppen, nicht in Individuen einteile. Auch deshalb hat die Frauenrechtlerin für Relativierer im eigenen Lager kein Verständnis. Gegenüber Sahra Wagenknecht etwa macht sie ihrem Ärger in einem offenen Brief Luft: „Niemals habt ihr die verbrecherische Rolle des politischen Islam in der jetzigen Welt erkannt. Ihr habt die Apologeten des Multikulturalismus und Postmodernismus unterstützt. Ihr habt uns Frauen (…) ignoriert.“ Eine Antwort erhält Ahadi nicht.

Wäre da nicht ein Schulterschluß mit der AfD konsequent? Für die bekennende Kommunistin ist die jedoch keine Alternative: Brüsk lehnt Ahadi das Angebot ab, sich mit Frauke Petry über den Islam zu unterhalten. Die ZdE-Chefin wirft der Partei vor, ähnlich autoritär, sexistisch und homophob zu sein wie  moslemische Vertreter. Denn Ahadis Kritik richtet sich nicht allein gegen den Islam. Die Atheistin skandiert: „Religion macht dumm!“ Sie will einen säkularen Staat. Ohne Rücksicht auf Geschichte oder die „nicht minder irrationale christliche Religion“. Abendländische Werte? Für Ahadi gilt allein die Aufklärung.

Daß aber gerade die Entwurzelung der Menschen zugunsten einer Verwestlichung dazu führte, daß viele Iraner in den 1970ern auf eine „konservative Wende“ hofften, und damit dem Aufstieg der Islamisten den Weg bereiteten, kommt Mina Ahadi dabei nicht in den Sinn.