© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/17 / 10. Februar 2017

Der Fall Fillon in Frankreich
Offenes Rennen
Jürgen Liminski

Plan B wie Beresina. Napoleon-Fans wissen, daß Ende 1812 an der Beresina die Große Armee des Kaisers geschlagen wurde. Die Geschichtskundigen wissen außerdem, daß Napoleon selbst unerkannt vorher Richtung Paris eilte, um einem Putsch zuvorzukommen. Während er über die Memel setzte, fragte er den Fährmann: „Sind schon viele Deserteurs herüber?“ – „Nein Sire, Sie sind der erste.“ Das ist die erste Lektion nach der Pressekonferenz von François Fillon: Er desertiert nicht, es gibt kein Beresina für die Bürgerlichen.

Im Gegenteil. Die Konservativen halten die Reihen geschlossen. Eine Woche lang war über einen Plan B spekuliert worden, seit der Canard enchaîné behauptet hatte, Fillon hätte Frau und Kinder aus der Staatsschatulle bezahlt, ohne daß sie wirklich für ihn gearbeitet hätten. Vor 200 Journalisten legte Fillon Zahlen und Fakten vor. Über ihre Beschäftigung, über das familiäre Vermögen, über seinen Fehler, nicht erkannt zu haben, daß die Beschäftigung zwar legal, aber heute nicht mehr als moralisch sauber angesehen werde. Dafür entschuldigte er sich. Und er beschuldigte die Medien des versuchten Rufmords.

Der Wahlkampf in Frankreich ist wieder offen. Seine zweifelnden Truppen hat Fillon wieder gesammelt und mit seiner kämpferischen Transparenz wiederum den Druck auf seine politischen Gegner von rechts und links erhöht. Jetzt muß er noch die Wähler überzeugen.