© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/17 / 10. Februar 2017

Rudolf Voderholzer macht mit politisch unkorrekten Äußerungen auf sich aufmerksam
Der gute Hirte
Gernot Facius

Katholische Würdenträger, die bereit sind, sich auf eine tiefgründige theologische Auseinandersetzung mit dem Islam einzulassen, sind rar in Deutschland; viele Hirten der Kirche begeben sich lieber freiwillig in den Pferch politischer Korrektheit und summen dort das hohe Lied der Integration. Da gleicht es fast einem Wunder, wenn der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer die „Integrationseuphorie“ anprangert und seine Glaubensgeschwister daran erinnert, was der Islam in seinen Augen ist: eine „postchristliche Erscheinung“, die mit dem Anspruch auftrete, die Kerngehalte des Christentums zu negieren: den Glauben an den dreifaltigen Gott, die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz. „Nur wer seinen eigenen Glauben entweder nicht kennt oder nicht ernst nimmt, kann hier eine weitreichende Integration des Islam als Islam für möglich halten“, predigte Voderholzer jetzt anläßlich des vierten Jahrestages seiner Weihe. Und der ehemalige Trierer Dogmatikprofessor verband diese Philippika mit einer Warnung an seine Amtsbrüder und die Priester: Sie sollten in der aktuellen Flüchtlingsdebatte nicht zu schnell bestimmte politische Positionen in den Rang von Glaubenssätzen erheben und andere zu Häresien erklären, eine Pluralität von Meinungen sei nicht von vornherein verwerflich.

Voderholzer will jedenfalls Hirte sein für alle, auch für die, „die sich verirrt haben in krude Auffassungen“, er möchte versuchen, sie zurückzugewinnen, ihnen nicht „durch die Verurteilung ganzer Parteien noch einen Fußtritt geben“. Der Bischof, sagt er, sei Pontifex, Brückenbauer, nicht Murifex, Mauerbauer. Man kann aus diesen Worten eine versteckte Kritik an Kollegen im Bischofsamt heraushören, die sich einem Dialog zum Beispiel mit der AfD verweigern. Und er setzt noch andere Zeichen. „Ich werde“, kündigte Voderholzer an, „es mir auch nicht nehmen lassen, am ‘Marsch für das Leben’ teilzunehmen“ – der jährlichen zentralen Demonstration der deutschen Lebensschützer in Berlin –, denn „die Proteste, die er hervorruft, zeigen mir, wie wichtig diese Aktion ist.“ 

Brücken möchte Voderholzer auch nach Osten schlagen. Zwar wurde er 1959 in München geboren, aber seine Wurzeln mütterlicherseits liegen tief in Böhmen, in Kladrau, nahe der alten Silberbergbaustadt Mies. Er gehört zur „Bekenntnisgeneration“ der Sudetendeutschen, seit 1993 ist er Mitglied der Sudetendeutschen Landsmannschaft, und er baut weiter an der Partnerschaft seiner Diözese mit dem Bistum Pilsen. „Nehmen Sie mich, liebe Regensburger, als kleine Silbermünze aus dem geistigen Schatz Böhmens“, so hatte er sich 2013 bei seiner Weihe vorgestellt. Es ist eine kleine Pointe der Geschichte, daß ein Geistlicher, der seine Wurzeln in Böhmen nicht verleugnet, heute der großen, alten Diözese an der Nahtstelle zwischen Bayern und der Tschechischen Republik vorsteht.