© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/17 / 10. Februar 2017

Hoffen auf Ausrutscher der anderen
Präsidentschaftswahl in Frankreich: Der bürgerliche Kandidat François Fillon will durchhalten / Stichwahl ohne Etablierte?
Friedrich-Thorsten Müller

In einer Pressekonferenz am Montag nachmittag ließ der republikanische Präsidentschaftskandidat  François  Fillion die Katze aus dem Sack: „Nichts wird meine Meinung ändern, ich bin Kandidat für die Präsidentschaftswahlen.“ Gleichzeitig versuchte er den Befreiungsschlag und entschuldigte sich bei den Franzosen dafür, seine Frau und seine Kinder auf Staatskosten in seinem Abgeordnetenbüro angestellt zu haben. Daran sei nichts Unrechtmäßiges, er könne auch Nachweise liefern, daß es sich nicht um Scheinbeschäftigungen gehandelt habe. Allerdings räumte er auch ein, daß ein Großteil der Franzosen heute die Beschäftigung von Familienangehörigen nicht mehr akzeptieren würde. Vorangegangen waren diesbezügliche Enthüllungen des französischen Satiremagazins Le Canard enchaîné.

Wie weit ihn diese Erklärung tragen wird, ist fraglich. Immerhin mußte er zugeben, seiner Frau als Assistentin in 15 Jahren im Durchschnitt 3.667 Euro netto monatlich bezahlt zu haben.

Wenn die Republikaner an Fillon festhalten und sich nach der Pressekonferenz demonstrativ hinter ihn stellten, liegt das aber auch daran, daß sie über keine aussichtsreichen Alternativen verfügen. Alain Juppé, der Bürgermeister von Bordeaux und Zweitplazierte bei den republikanischen Vorwahlen, lehnt für sich inzwischen eine Kandidatur kategorisch ab. Der frühere französische Präsident Nicolas Sarkozy steckt mittlerweile wieder tief im Affärensumpf und muß sich bald wegen illegaler Wahlkampffinanzierungen vor Gericht verantworten.

Vielleicht hoffen Fillon und die Republikaner auch darauf, daß der Hauptnutznießer dieses Skandals – der parteiunabhängige Sozialdemokrat Emmanuel Macron – seinerseits noch ins Straucheln geraten könnte. Denn inzwischen werden selbst in den Zeitungen die Gerüchte immer lauter, daß der mit seiner früheren, 24 Jahre älteren Französischlehrerin Verheiratete eine homosexuelle Beziehung mit dem Präsidenten von Radio France, Mathieu Gallet, unterhalte.

Bei den Meinungsforschern liegt Marine Le Pen vom Front National in jedem Fall inzwischen eindeutig auf Platz eins. Laut einer Umfrage für Les Échos käme sie im ersten Wahlgang auf 27 Prozent. Allerdings scheint klar, daß sie – egal welchem anderen Kandidaten – in der Stichwahl unterliegen würde.

Aktuell wäre dies der frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron, der mit 23 Prozent Fillon (20 Prozent) klar hinter sich ließe und in der Endrunde gegen Le Pen mit 65 Prozent rechnen könnte. Dies käme einer Sensation gleich, blieben die etablierten Parteien damit im Rennen um die französische Präsidentschaft ohne Bedeutung.