© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/17 / 10. Februar 2017

Afrikanische Emanzipation
Koloniale Vergangenheit: In Berlin sollen die Lüderitzstraße und der Nachtigalplatz umbenannt werden
Ronald Berthold

Was in Afrika gescheitert ist, wollen nun Berliner Politiker nachholen: die Tilgung des Namens Lüderitz von der Landkarte. Der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz hatte ab 1884 Teile Deutsch-Südwestafrikas kolonialisiert. Ihm zu Ehren trägt eine Hafenstadt im heutigen Namibia seinen Namen: Lüderitz. Die wiederholten Versuche der namibischen Regierung, die Stadt umzubenennen, haben die Einwohner mit ihrem massiven Widerstand verhindert. Sie bekennen sich zum einstigen Kolonialisten. Wohlgemerkt: Deutschstämmige leben hier kaum noch.

In Berlin klappt zwar nicht viel. Und wenn es um Flughafenbau, Wohnungsanmeldung, Führerscheinausgabe und Reisepaß-Verlängerung geht, sagen nicht wenige der Hauptstadt schon einmal „afrikanische Verhältnisse“ nach. Termine gibt es oft nur, wenn man vorher private Händler dafür bezahlt hat. Einige sprechen gar – wie bei Ländern auf dem Schwarzen Kontinent – von einem „Failed State“, wenn es um Berlin geht. Aber in Sachen Symbolpolitik legen die in den Bezirken und auf Landesebene dominierenden linken Parteien SPD, Grüne und Linke den Turbogang ein. Die Lüderitzstraße im sogenannten „Afrikanischen Viertel“ des Stadtteils Wedding soll nun umbenannt werden. Das hat die Bezirksverordnetenversammlung beschlossen.

Mit dem norddeutschen Geschäftsmann sollen auch dem Gründer der deutschen Kolonie Togoland und Kamerun, Gustav Nachtigal, und dem in Afrika tätigen Unternehmer Carl Peters der Garaus gemacht werden. Für den Nachtigalplatz und die Petersallee sucht die Grünen-Bezirksstadträtin Sabine Weißler ebenfalls neue Bezeichnungen. Genau wie im Fall Lüderitzstraße sollen „Persönlichkeiten – insbesondere Frauen – der (post-)kolonialen Befreiungs- und Emanzipationsbewegung aus Ländern Afrikas“ zum Zuge kommen.

Da fällt einem doch spontan Winnie Mandela ein: die Symbolfigur Südafrikas und Ikone deutscher Linker, während ihr Mann Nelson in Haft schmorte. Seit acht Jahren sitzt sie in der südafrikanischen Nationalversammlung. Daß sie Lynchmorde mit um den Hals gelegten brennenden Autoreifen befürwortete, wegen Entführung von vier Jugendlichen verurteilt wurde und wegen Korruption ins Gefängnis mußte, dürfte Berliner Symbolpolitiker nicht sonderlich stören. Immerhin hat sie nicht vor mehr als hundert Jahren ein Land urbar gemacht.