© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/17 / 10. Februar 2017

Knapp daneben
Irreführung der Konsumenten
Karl Heinzen

Wer in einem der rar gewordenen Tabakläden Frankreichs nach einer Schachtel „Vogue“, „Fine“, „Allure“ oder „Corset“ verlangt, wird bald nur noch Kopfschütteln ernten. Die Regierung hat den Herstellern per Dekret verboten, diese extra dünnen, vor allem von Frauen konsumierten Zigaretten unter ihren bisherigen Markennamen weiter anzubieten. So sexistisch diese Maßnahme auch erscheint, so vernünftig ist ihre Intention. Frauen sind zwar gesundheitsbewußter als Männer und nicht von dumpfem Geltungsdrang getrieben. Aber auch sie sind suchtgefährdet, zumal wenn ein glamouröser Markenname ihnen suggeriert, daß sie durch den Griff zur Zigarette noch mehr Eleganz ausstrahlen könnten.

Dieser Versuchung wurde nun ein Riegel vorgeschoben. Bislang ist nicht bekannt, ob sich der Staat mit dem Verbot alter Markennamen begnügt. Konsequent wäre es, wenn er zugleich neue vorschriebe, die zum Ausdruck brächten, was Rauchen tatsächlich bewirkt. Namen wie „Faltenhaut“ oder „Mundgeruch“ würden die beliebten bunten Sammelbildchen zur Gesundheitswarnung, die bereits heute die Zigarettenschachteln zieren, sinnvoll ergänzen.

In ganz Europa treiben Populisten unter harmlos klingenden, zugkräftigen Namen ihr Unwesen.

Ein Staat, der sich wirklich um seine Bürger sorgt, darf sein Auge aber nicht nur auf den Tabakkonsum und andere Süchte richten. Er muß das Markenunwesen insgesamt ins Visier nehmen. Das Prinzip der Marke ist die Irreführung des Konsumenten. Sie soll eine Qualität suggerieren, die das nackte Produkt nicht hergibt. Eine Marke ist um so werthaltiger, je erfolgreicher sie täuscht. Wer denkt bei „Coca-Cola“ an Millionen Übergewichtige, wer bei „Audi“ und „Mercedes“ an Tausende von Verkehrstoten? Gegen diesen mit Milliardenbeträgen veranstalteten Illusionszauber kommen die Bürger allein nicht an. Sie brauchen den Beistand des Staates. Und dies nicht nur dann, wenn Unternehmen ihnen ihre Produkte aufschwatzen wollen, sondern auch in der Politik. In ganz Europa treiben Populisten unter harmlos klingenden, zugkräftigen Namen ihr Unwesen. Warum läßt der Staat dies zu? Warum müssen jene, die hetzen und Haß säen, nicht auch unter „Die Bösen“ antreten?