© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/17 / 17. Februar 2017

Führt Trumps Bankenderegulierung zur nächsten Finanzkrise?
Europäische Angstmache
Thomas Kirchner

Egal, wie die nächste Finanzkrise abläuft, wo sie stattfindet und welche Auswirkungen sie hat: Donald Trump wird schuld daran sein, warnen EU-Banker und Politiker. Mit seinem achten Dekret (Executive Order 13772) leitete der US-Präsident die Aufhebung von Barack Obamas Bankenregulierung ein, die 2010 von den Demokraten Chris Dodd und Barney Frank auf den Weg gebracht worden war. Zwar enthielt dieses Gesetz (DFA 111-203) einige sinnvolle Regelungen, wie die Vereinfachung des Behörden- und Kompetenzgeflechts oder die Aufnahme von Derivaten in die zentralen Abwicklungsstellen, schuf aber gleichzeitig zwei neue Superbehörden, die in den letzten Jahren in erster Linie als bürokratische Kostentreiber aufgefallen sind. Der Rat zur Aufsicht der Finanzstabilität lediglich ein Papiertiger.

US-Großbanken kam die Kostenschraube gelegen. Sie haben seither mehrere Milliarden ausgegeben, um das tausendseitige Gesetz plus Verwaltungsvorschriften umzusetzen. Viele ausländische Banken scheuten die Kosten und zogen sich aus dem US-Markt zurück. So wurde die gutgemeinte Finanzmarktregulierung zur Eintrittsbarriere und verschärfte das amerikanische Banken­oligopol. Trumps Dekret alarmiert Finanzkritiker besonders wegen des Aus für die Volcker-Regel (12 U.S.C. 1851), die es US-Banken verbietet, mit ihrem Eigenkapital Wertpapierhandel zu betreiben, was weithin als Spekulation gilt. Diese Vorschrift war ursprünglich nicht Bestandteil des Gesetzes, wurde aber auf Obamas Betreiben hin angefügt. Sie stellte das von Bill Clinton abgeschaffte Trennbankensystem wieder her. Viele glauben, so zukünftige Bankenkrisen verhindern zu können. Daß diese Logik ein Trugschluß ist zeigt ein Blick auf Europa und Asien: dort gab es nie ein Trennbankensystem, und trotzdem werden diese Kontinente nicht von ständigen Bankenkrisen heimgesucht.

Eine Nebenwirkung der Volcker-Regel ist das Austrocknen der Märkte für Unternehmensanleihen. Früher konnten Banken die Papiere ihren Kunden abnehmen und halten, bis sie einen Käufer finden konnten. Jetzt können Verkäufer Firmenanleihen nur loswerden, wenn ein Käufer bereitsteht. Welche neuen Risiken dadurch entstehen wird sich zeigen. Selbst Euro-Staatsanleihen gelten unter der Volcker-Regel als hochspekulative Risikopapiere.

Was bleibt vom Dodd-Frank-Act? Die dauerhafte Verlagerung von Derivaten auf Börsen und zentrale Abwicklungsstellen. Dafür war das Gesetz aber nur Beschleuniger, denn zaghafte Versuche machten die großen Investmentbanken schon vor 2008. Wegen institutioneller Trägheit kam jedoch nichts zustande. Die Angst vor neuen Krisen durch Trumps Dekret ist unbegründet. Wettbewerb und Effizienz im US-Finanzmarkt werden sich verbessern. Die wirklichen Risiken gehen heute nicht von den Banken aus, sondern von Staatsverschuldung und Geldpolitik.