© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/17 / 24. Februar 2017

In der Griechenlandkrise drohen Deutschland Milliardenverluste
Politische Schönrednerei
Bruno Hollnagel

Es ist Wahlkampf, das Volk muß bei Laune gehalten werden: „Griechenland ist auf einem guten Weg“, behauptete Wolfgang Schäuble vorigen Sonntag im „Bericht aus Berlin“ der ARD. Bis April sind weniger als 1,6 Milliarden Euro an EZB und Währungsfonds (IWF) zurückzuzahlen. Doch im Juli sind 6,3 Milliarden fällig – darunter 2,1 Milliarden an nervöse Privatanleger. Damit die Diskussion um die Auszahlung neuer Rettungsmilliarden nicht zwei Monate vor der Bundestagswahl hochkocht, soll die Zusage dafür bald erfolgen.


Die Griechenlandkrise, die nie gelöst war, meldet sich nun zurück. 2010 hätte die Griechenlandrettung 60 Milliarden Euro gekostet. Zwischenzeitlich ist über das Vierfache geflossen, ohne daß ein Ende der Krise abzusehen wäre. Aber es ging nicht nur um Griechenland, sondern auch um private und staatliche Banken und Investoren verschiedenen Ländern, die aus dem Athener Sumpf gezogen werden sollten.


Das Thema wurde nun wieder virulent, weil der IWF meint, die von den EU-Finanzministern prognostizierten griechischen Haushaltsüberschüsse (vor Zinsdiensten) seien mit 3,5 Prozent zu optimistisch und Auflagen würden nicht erfüllt. Der IWF will die Taktik der Euro-Partner, die Probleme auf Dauer zuzudecken, nicht mehr mittragen. Damit wäre aber die finanzielle Unterstützung Griechenlands durch den IWF in Frage gestellt. Und wenn der nicht dabei bleibe, „wäre es nicht opportun, das laufende Programm fortzuführen“, sagt Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandsvereinigung (MIT) und einer der wenigen offenen Euro-Kritiker in der CDU.


Auch Klaus Regling, Chef des Rettungsfonds ESM warnt, daß ohne Geld vom IWF die nächste Rate von den Euro-Gläubigern nicht gezahlt werde. Der IWF will offenbar gutes Geld nicht schlechtem hinterherwerfen. Griechenland brauche unbedingt einen Schuldenschnitt, um eine Zukunft zu haben. Jenen will Schäuble aber nicht – zumindest nicht vor der Wahl. Aber: Ohne Schuldenschnitt kein Geld vom IWF, ohne IWF-Geld keines vom ESM.


Selbst ein teilweiser Schuldenerlaß wäre nicht nur für Banken gefährlich, sondern auch für die Etats der Euro-Gläubigerstaaten schmerzhaft: Er würde direkt auf die Staatshaushalte durchschlagen – auch in Deutschland. Die seit langem von einsamen Rufern in Union, FDP und Linkspartei sowie vor allem der AfD angeprangerten Mängel der Rettungspolitik würden für jedermann offensichtlich. Zu befürchten ist die Fortsetzung des Durchwurstelns; denn es stehen auch Wahlen in den Niederlanden und Frankreich vor der Tür. Da möchten die jeweiligen Regierungsparteien den eurokritischen Oppositionskräften keine zusätzlichen Argumente liefern. Die Devise lautet offenbar: Lieber die Situation schönreden und noch mehr Steuergelder in Griechenland verbrennen, als die Macht zu verlieren.