© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/17 / 24. Februar 2017

Mit Herzklopfen
Fastenzeit: Gelegenheit für einen neuen Anfang
Christian Rudolf


Am Aschermittwoch ist alles vorbei. Die Fastenzeit beginnt. Zeit, bis zum Ostermorgen Verzicht zu üben in irdischen Anhänglichkeiten, um frei zu werden für etwas Großes: Gottes Anruf. Zeit innerer Prüfung, Zeit, der Schuld gewahr zu werden, die mich von Gott trennt. Umzukehren, die Gnade eines neuen Anfangs in Jesus Christus geschenkt zu bekommen. Für Katholiken heißt das zuerst: sich mit Ernst auf eine Beichte vorzubereiten.
Die häufigste Assoziation mit der Kirche bleibt die Beichte


Doch Unkenntnis rankt sich auch unter Kirchgängern um das Sakrament und den Ort, an dem es gespendet wird: den barock verzierten oder modern glatten Holzkasten, der im deutschen Sprachraum schon lange nicht mehr in jedem katholischen Gotteshaus steht oder als Rumpelkammer zweckentfremdet wird. Sonntag für Sonntag dasselbe krasse Mißverhältnis: Lange Schlangen von Kommuniongängern vor dem Altar, dagegen der verwaiste Beichtstuhl. Bereut denn keiner mehr? Sind Streit, Lästerungen, Habsucht, Ehebruch reinster Lauterkeit gewichen?


Eine unerhörte Begebenheit, die aus dem oberfränkischen Kreis Lichtenfels in die Presse drang, offenbart einen hintersinnigen Gehalt: Die Pfarrkirche Mariä Verkündigung in Ebensfeld wurde dieser Tage von einem Unhold heimgesucht. Bereits zum zweiten Mal verrichtete dieser im Beichtstuhl sein großes Geschäft. Der Pfarrer erstattete Anzeige.


Tatsächlich ist die Beichte ein Ort unvergleichlicher Erleichterung, wenn auch nicht so derb biologisch, wie jener Unbekannte es mißverstand. Gläubige, die oft beichten, freuen sich regelrecht mit Herzklopfen darauf und wollen die Vergebung der Sünden, die Gott durch den Dienst der Kirche schenkt, immer wieder erfahren. Aber der Skandal von Ebensfeld zeigt auch: Der Ortspfarrer gehört zu jener klein gewordenen Schar von Priestern, die überhaupt noch ungefragt die Beichte anbieten – vergangenen Samstag um halb sechs Uhr war dort (nach einer gründlichen Reinigung!) wieder Gelegenheit dazu. Und: In der (amts-)kirchlichen Glaubensverkündigung wird das Beichtsakrament seit Jahrzehnten sorgsam beschwiegen, so daß es um den stillen Beichtstuhl noch ruhiger geworden ist.


„In vielen Kirchen wird nicht mehr gebeichtet. Aber das Bewußtsein von Sündenvergebung und das Verlangen danach, das ist da!“, sagt Pater Marco Piranty von der Priestergemeinschaft Institut St. Philipp Neri in Berlin. Die Predigt ohne Verbeugungen vor dem Zeitgeist, die Messe Latein, die Kleidung Sutane. „Wenn man in der Öffentlichkeit als Priester erkennbar ist“, erzählt der 38jährige der JF, „dann ist die Beichte die häufigste Assoziation. Neulich zwei Bauarbeiter, da guckt der eine so rüber und ruft: ‘Herr Pfarrer, ick globe, ick muß ma wieda zur Beichte!’“ Der Pater lacht. Trotzdem: Die Krise der Beichtpraxis habe mit der Banalisierung durch Psychologie, vor allem aber mit der verbreiteten Allerlösungstheorie zu tun, der sorglosen Haltung, „daß wir schon alle, alle in den Himmel kämen. Daß Jesu Predigt ein einziger Aufruf zur Umkehr war, kommt nicht mehr vor.“
Ein Priester muß die Probleme der Gläubigen nicht lösen. Er braucht nur ihre Sünden zu vergeben. Aber was heißt schon „nur“, wenn Gott selbst aus dem Beichtstuhl einen Festsaal macht für den verlorenen Sohn, der zurückgekehrt ist. Noch keine Verabredung am Wochenende? Hier ist das ultimative Rendezvous!



Hinweise und Tips zur Beichte: www.k-l-j.de/download/pdf/katechesen/086_beichte_hinweise.pdf