© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/17 / 03. März 2017

Gut leben in der eigenen Isolation
„Amerika den Amerikanern“: Der fünfte US-Präsident James Monroe ordnete und prägte die Außenpolitik des gesamten Kontinents für ein Jahrhundert
Jan von Flocken

Ex-Präsident Thomas Jefferson nannte ihn den „ehrenhaftesten Mann des Landes“. Der aus Virginias Pflanzeraristokratie stammende James Monroe hatte den USA als Senator, Botschafter in Frankreich (1794 bis 1796) und in Großbritannien (1803 bis 1807) sowie als Außen- und Kriegsminister gedient. Am 4. März 1817 trat der 58jährige sein Amt als fünfter Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an.

Vor 200 Jahren gehörten die USA noch nicht zu den gewichtigen Faktoren der Weltpolitik. Doch allmählich dehnte sich das Land süd- und westwärts aus. Innerhalb von vier Jahren wurden fünf neue Staaten in die Union aufgenommen (Indiana, Mississippi, Illinois, Alabama, Maine) und das große Florida-Territorium von Spanien abgekauft. Die erbitterten Parteienkonflikte vergangener Jahre blieben aus. Unter Monroes Führung begann die „Era of Good Feelings“ (Zeit des guten Einvernehmens), und der Präsident wurde 1820 (einmalig in der US-Geschichte) ohne Gegenkandidaten wiedergewählt. Das Land nahm einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung.

James Monroe war einer der erfahrensten Politiker der USA und der letzte Präsident einer Generation, die noch aus eigenem Erleben vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg geprägt wurde. Als junger Offizier hatte er unter George Washington gekämpft und war 1776 in der legendären Schlacht bei Trenton gegen die Engländer verwundet worden. In Anspielung auf die traditionelle Kopfbedeckung der Revolutionssoldaten nannte man Monroe „The Last Cocked Hat“ (der letzte Dreispitz).

Die internationale Lage komplizierte sich während seiner zweiten Amtszeit erheblich. In Süd- und Mittelamerika hatten zahlreiche spanische Kolonien ihre Unabhängigkeit erkämpft. Als erster Staat der Welt erkannten die USA im März 1822 Argentinien, Chile, Peru, Kolumbien und Mexiko diplomatisch an. Dies wurde von den europäischen Großmächten der Heiligen Allianz, Rußland, Österreich und Preußen, sehr übel vermerkt. Es bestand sogar die Gefahr einer militärischen Intervention zugunsten Spaniens in Lateinamerika. Gerüchte kursierten, wonach eine französische Kriegsflotte nur auf den geeigneten Zeitpunkt warte, um spanische Truppen zur Rückeroberung ihrer Kolonien zu verschiffen. Gleichzeitig alarmierte das Vorgehen Rußlands im Nordwesten des Kontinents. Kolonisten und Soldaten des Zaren gründeten Handelsposten und Siedlungen in Teilen des heutigen Alaska.

Monroes Doktrin galt bis zum Kriegseintritt 1917

In dieser Situation beschloß Präsident Monroe, den außenpolitischen Standpunkt seiner Regierung unmißverständlich darzulegen. Seine Rede vor dem Kongreß am 2. Dezember 1823 ging als „Monroe-Doktrin“ in die Geschichte ein und umfaßte drei wesentliche Punkte:

1. Das politische System Europas sei grundsätzlich verschieden von dem in Amerika. Die USA würden daher jeden Versuch der europäischen Mächte, ihr System auf einen Teil der westlichen Hemisphäre auszudehnen, „als Gefährdung unseres Friedens und unserer Sicherheit“ betrachten. „Niemand soll glauben, daß wir eine solche Einmischung, egal welcher Art, mit Gleichgültigkeit ansehen könnten.“

2. Die noch bestehenden Kolonien der europäischen Staaten (wie Kanada und Kuba) seien davon nicht betroffen. Alle Versuche aber, die jüngst unabhängig gewordenen und von den USA diplomatisch anerkannten Staaten in Amerika anzugreifen oder zu kontrollieren, wären „Manifestation einer unfreundlichen Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten“.

3. Bezüglich ihrer Politik gegen Europa bekräftigten die USA den Grundsatz der Nichteinmischung („non-intervention“) und verpflichteten sich, die dort existierenden Regierungen als legitim anzuerkennen und freundschaftliche Beziehungen zu ihnen zu pflegen.

Verkürzt wurde diese Doktrin zur Devise „Amerika den Amerikanern“. Ihre außenpolitische Wirkung zeigte sich schon in den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als die USA Krieg gegen Mexiko führten und große Teile des Landes annektierten. Weil Frankreich daraufhin Soldaten nach Mexiko entsandte und hier ein abhängiges Kaiserreich installierte, nahmen die Vereinigten Staaten eine drohende Haltung an und marschierten mit großen Truppenmassen an der Grenze auf. Frankreich mußte schließlich nachgeben und seine Armee wieder zurückziehen.

Am Ende des 19. Jahrhunderts diente die Monroe-Doktrin dann zunehmend als Rechtfertigung US-amerikanischer Hegemonieansprüche in Lateinamerika. Monroes Versicherung, die USA würden sich nicht in die Angelegenheiten Europas einmischen, hatte fast einhundert Jahre bestand. Dann trat das Land 1917 in den Ersten Weltkrieg ein.