© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/17 / 10. März 2017

Sterbehilfe
Tödliches Fehlurteil
Martin Lohmann

Seit Dezember 2015 gilt bei uns in Deutschland ein Gesetz, welches die geschäftsmäßige Beihilfe zur Selbsttötung unter Strafe stellt. Grundlage dafür war ein erfreulich breiter Konsens in unserer Gesellschaft, welcher besagt, daß keiner etwas daran verdienen soll, wenn sich ein anderer das Leben nehmen möchte. Kein Mensch soll einem anderen sagen dürfen, daß sein Leben nicht mehr lebenswert sei. Kein Mensch soll einem anderen dabei aktiv „helfen“, sein Leben zu beenden.

 Gilt das auch für den Staat? – Nein, sagen die Richter des Bundesverwaltungsgerichts, wenn sie den Staat dazu verpflichten, dem Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zuzustimmen und so selbst zum aktiven Suizidbeihelfer zu werden. Das Urteil soll zwar nur im Ausnahmefall gelten, aber wer bitte ist in der Lage, über einen solchen Ausnahmefall zu entscheiden?

 Die Entscheidung aus Leipzig verrückt die Koordinaten unseres Grundgesetzes in eine lebensbedrohliche Todeszone. Aus dem Recht auf Selbstbestimmung darf kein Recht auf Selbsttötung gemacht werden, bei dem sich der Staat zum garantierten Helfershelfer degradiert. Entweder gibt es kein Recht auf Töten – oder es gibt dieses Recht angeblich doch. Dann aber wird die Logik unserer Rechtsordnung auf den Kopf gestellt.