© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/17 / 10. März 2017

Die Vor- und Nachteile eines Euro-Austritts der Niederlande
Vorbildlich
Philipp Bagus

Auf Initiative der Christdemokraten (CDA) läßt das niederländische Parlament wissenschaftlich prüfen, ob das Land den Euro behalten sollte. Schließlich verlieren die Sparer jährlich Milliardenbeträge durch die EZB-Zinspolitik. Die Euroverteidiger argumentieren, daß eine autonome Geldpolitik für ein kleines, offenes Land unmöglich sei. Zu stark seien die äußeren Einflüsse. Die dänische Krone sei an den Euro gebunden und auch die Schweiz würde der EZB mit negativen Zinsen folgen.

In der Tat würde ein Euro-Austritt zu einer Aufwertung des Neo-Guldens führen. Dann, so die Kritiker, sei die niederländische Zentralbank gezwungen, die Zinsen zu senken, um Kapitalzuflüsse und den Aufwertungsdruck zu stoppen. Schließlich sei die holländische Wirtschaft nicht nur mit der deutschen eng vernetzt und verlöre durch eine Aufwertung an Wettbewerbsfähigkeit. Der Exportsektor erlitte Einbußen. Das wäre aber nur eine Seite der Medaille. Gleichzeitig würden Importe billiger. So würden die Kosten der eng mit der Weltwirtschaft verflochtenen niederländischen Firmen fallen. Die Konsumenten würden profitieren: Die Preise von Kraftstoff, Computern oder Autos würden fallen.

Dank der Aufwertung könnten die Niederländer viele ihrer Bedürfnisse günstiger befriedigen als heute mit dem schwachen Euro. Dadurch verbliebe ihnen eine zusätzliche Kaufkraft, mit der sie weitere Dinge tun könnten, die heute unterbleiben müssen. Durch diese Nachfrage würden andere Sektoren wachsen. Es käme zu einer Restrukturierung der holländischen Wirtschaft. Der Exportsektor und die importkonkurrierenden Industrien würden schrumpfen. Dafür könnten aufgrund der höheren Kaufkraft der Niederländer andere Sektoren wachsen. Daß diese Umstellung der niederländischen Produktionsstruktur für einige sehr schmerzhaft wäre, weil sie beispielsweise ihren Job im Export verlören und sich eine Stelle in den neu entstehenden Sektoren suchen müßten, liegt auf der Hand.

Diese Verluste würden jedoch von den Gewinnen jener kompensiert, die in den rasant wachsenden Bereichen investiert hätten oder arbeiteten. Das Realeinkommen vieler Niederländer würde durch die Aufwertung steigen. Die Wirtschaft würde sich an die starke Währung anpassen. Insgesamt würde auch der inländische Besitz der Niederländer eine Aufwertung erfahren. Sie wären auf einen Schlag gegenüber den Ausländern, deren Besitz in Euro nominiert ist, reicher. Vor allem die langfristigen positiven Folgen einer stabilen und kräftigen Währung sind nicht zu unterschätzen. Kapitalimporte und höhere Sparanreize stimulieren das Wachstum. Höchste Zeit für Deutschland, eine ähnliche Kommission zu berufen.






Prof. Dr. Philipp Bagus lehrt VWL an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid. Am 20. März erscheint sein Buch „Wir schaffen das – alleine!“ im Finanzbuch-Verlag.