© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/17 / 10. März 2017

Der Presserat zielt wieder auf die JF
Wir haben Post bekommen: Kritik an „Eigenrecherche“ und allzu pikante Täter-Details
Felix Krautkrämer

Wie haben Post bekommen, vom Presserat, schon wieder. Das Gremium entscheidet derzeit über eine Beschwerde wegen eines möglichen Verstoßes gegen den Pressekodex. Im Dezember hatte die JUNGE FREIHEIT auf ihrer Internetseite über den Fall eines 41 Jahre alten Mannes berichtet, der im schleswig-holsteinischen Kronshagen seine Frau mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Das Opfer erlag wenig später im Krankenhaus seinen qualvollen Verletzungen. Noch vor der offiziellen Polizeimeldung erfuhr die JF aus gesicherter Quelle, daß der Täter aus Afrika stammte und schon länger in Deutschland lebte, was wir auch so schrieben.

Dies rief Dennis R. aus Baden-Württemberg auf den Plan. R., nach eigenen Angaben „Freier Journalist und PR-Fachkraft“. Dennis R. ist für uns kein Unbekannter. Ein gutes Dutzend Beschwerden über unsere Berichterstattung hat er bereits beim Presserat eingereicht. Mal störte er sich daran, daß wir erwähnt hatten, daß es sich bei einem mutmaßlichen Vergewaltiger und Gewalttäter in Wien um einen Asylbewerber handelte, mal empörte er sich über den Ausdruck „Demokratur“ in der Überschrift eines Kommentars. Mal war er erfolgreich, so daß der Presserat uns eine Mißbilligung aussprach und uns bat, die Meldung über den afghanischen Vergewaltiger zu löschen (was wir natürlich ablehnten, denn der Asylbewerber konnte seine Tat ja auch nicht ungeschehen machen), mal scheiterte R. mit seinen Beschwerden, die vom Presserat als unbegründet zurückgewiesen wurden.

Selbst daß wir in einem als Kommentar gekennzeichneten Meinungsbeitrag den Begriff „Schutzsuchende“ in Anführungszeichen gesetzt hatten, hielt der Kollege R. für beanstandungswürdig. Und das, obwohl Dennis R. auf seiner Internetseite schreibt: „Eine der größten Errungenschaften in unserem Land ist die Meinungsfreiheit. Nicht angepaßt sein zu müssen – und sagen zu können, was man wirklich möchte. Wenn den Gedanken keine Grenzen gesetzt sind und man allein von der persönlichen Vernunft geleitet wird, dann ist ein Grundrecht erfüllt, das unsere Demokratie so stärkt.“

„Nationalität nicht relevant für die Tat“

Doch die Meinungsfreiheit endet für R. offenbar da, wo Fakten wie die Nationalität von Straftätern genannt werden. Insofern war es nur konsequent, daß er sich an unserem Bericht über den Kronshagener Frauenanzünder störte. Zum Zeitpunkt der Meldung sei noch nicht offiziell bekannt gewesen, woher der Täter stammte, kritisierte er. „Lediglich durch Eigenrecherche hat die Redaktion der JUNGEN FREIHEIT die Herkunft ermitteln können, blieb aber die Antwort schuldig, weshalb die ethnische Zugehörigkeit des Verdächtigen für das Verständnis der Kausalzusammenhänge für den Leser von Bedeutung ist. Die Straftat stellt nicht zwingend ein Ereignis dar, das für eine bestimmte Tätergruppe typisch ist. Ähnliche Verbrechen sind auch durch Menschen anderer Nationalitäten bekannt“, heißt es in seinem Schreiben an den Presserat. R. wirft uns in seiner Beschwerde vor, mit der Angabe der ethnischen Herkunft des Täters ein Sensationsinteresse bedient zu haben. Für die Motivation der Tat sei die Herkunft des Täters unwesentlich gewesen. Vielmehr habe die JF den Eindruck erweckt, die afrikanischen Wurzeln des Täters seien eine Erklärung für das Geschehnis.

Es mag nicht überraschen, daß wir das anders sehen. Das Anzünden von Frauen am hellichten Tag auf offener Straße ist in Deutschland alles andere als Alltagskriminalität. Wir werden daher auch in Zukunft bei ähnlichen Fällen über die Nationalität und Herkunft der Täter berichten – ganz gleich, ob es sich dabei um Deutsche, Afrikaner, Inder oder Chinesen handelt. Wir trauen unseren Lesern zu, ihre eigenen Schlüsse aus solchen Informationen zu ziehen und lehnen den von Herrn R. angemahnten Betreuungsjournalismus ab. Und wir nehmen uns auch ganz frech das Recht heraus, nicht blind auf Agenturmeldungen zu vertrauen, sondern die von Dennis R. so verhaßte „Eigenrecherche“ zu betreiben. Auch auf die Gefahr hin, daß unsere Akte beim Presserat um einige Einträge dicker wird.