© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Robert Sarah ist zum Vorkämpfer der konservativen katholischen Kirche geworden
Der Fels
Mathias von Gersdorff

Wie viele Tote braucht es, wie viele abgeschlagene Köpfe, bis die europäischen Regierenden die Lage begreifen, in der sich der Westen befindet?“ Wer in der römischen Kurie außer Robert Sarah, dem zum Kopf der konservativen Bewegung in der Weltkirche avancierten Kardinal, wagt es mit so offenen und provokanten Worten Stellung zu beziehen, wenn es um das heikle Thema der islamischen Einwanderung geht?

Dabei war der Kirchenfürst aus dem westafrikanischen Guinea bis 2014 nur jenen ein Begriff, die sich mit dem Vatikan auskennen. Das änderte sich 2015 schlagartig: Sarahs offener Widerstand gegen den Kurs von Reformkatholiken wie den Kardinälen Walter Kasper oder Reinhard Marx machte ihn fast über Nacht zur Symbolfigur eines Katholizismus, der die Konfrontation mit der säkularisierten Welt nicht scheut und den Anspruch hat, die Welt nach seinen Vorstellungen zu prägen. Sarah wurde geradezu zum Antipoden des westeuropäischen Katholizismus, der auf den „Kompromiß mit der Welt“ aus ist und sich von dieser die Debatten aufdrängen läßt.

Inzwischen gibt es kaum ein Reizthema, das der 1945 geborene Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung nicht ausgelassen hat. Gender Mainstreaming und Islamischen Staat verglich er etwa mit den Bestien aus der biblischen Apokalypse. Kardinal Kaspers theologische Vorstellungen über die Ehe hält er schlichtweg für eine Beleidigung Christi. Und die Enthauptung des normannischen Priesters Jacques Hamel im nordfranzösischen Saint-Étienne-du-Rouvray im Juli 2016 durch zwei Islamisten kommentierte er mit dem eingangs zitierten Tweet.

Wer auf dieser Welt ein Christ sein will, muß eine klare Entscheidung treffen: „Gott oder Nichts“, so der Titel seines 2015 erschienenen Buches. Ein Paktieren mit der Welt sei dagegen inakzeptabel. An wankelmütige Bischöfe gerichtet waren seine Worte auf dem „Symposium der Bischofskonferenzen von Afrika und Madagaskar“ im Juni 2015: „Die Kirche muß ohne Furcht die Lehre Christi über die Ehe verkündigen“. Es ging (mal wieder) darum, ob die Kirche ihre Sexualmoral lockern sollte.

Wer „Gott oder Nichts“ liest, versteht woher sein Charisma kommt: Katholisch zu sein, bedeutet für viele in Afrika, den Tod in Kauf zu nehmen. Sarah schildert, wie die Herrschaft des Kommunisten Ahmed Sékou Touré das friedliche und aufstrebende katholische Leben in Guinea mit Schrecken und Verfolgungen heimsuchte.

Das entschlossene Eintreten für Glaube und Kirche ist für den streitbaren Kirchenmann aber kein Selbstzweck, sondern muß Ausdruck etwas viel Tieferen sein: der Verbundenheit mit Gott. Und diese findet der Mensch nur in der Stille, wie er in seinem letzten Buch „La Force du silence“ („Die Macht der Stille“) darlegt.