© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Ländersache
Halali an Rhein und Ruhr
Heiko Urbanzyk

Was sind schon 117.000 Stimmen aus dem Volk, wenn Rot-Grün andere Pläne hat? Die „Volksinitiative für ein ideologiefreies, praxisgerechtes Jagdrecht“ drängte auf Änderungen im heftig umstrittenen Landesjagdgesetz von Nordrhein-Westfalen. Nun verhallte ihr Plädoyer im Düsseldorfer Landtag  – zwar nicht ungehört, aber ergebnislos. Der Umweltausschuß kanzelte es mit seiner aus zwei Sätzen bestehenden Beschlußempfehlung ab: „Dem Anliegen der Volksinitiative wird nicht gefolgt. Der Landtag hat das Anliegen der Volksinitiative damit abschließend behandelt.“ 

Ein klägliches Ende aus Sicht der durch die Jägerschaft geprägten Bürgerbewegung. Sie hatte unter Führung des Juristen und Jägers Hans-Jürgen Thies ihre Hausaufgaben gemacht: 15.000 Jäger waren 2015 vor den Landtag gezogen – die größte Demo gegen die rot-grüne Landesregierung in dieser Legislaturperiode (JF 26/15). 117.000 Unterschriften, die eine Korrektur fordern, wurden gesammelt; gemäß Landesverfassung (alte Fassung) hätten rund 66.000 Unterschriften genügt.   

Die Jäger als Hauptbetroffene der Änderungen im rot-grünen Gesetz fühlten sich von Beginn an in die Ecke gedrängt. Volksinitiativengründer Thies resümierte Anfang des Jahres im Umweltausschuß, im Arbeitskreis „Jagd und Naturschutz“ des Umweltministeriums seien Vertreter der Jägerschaft und der Jagdrechtsinhaber in der Minderheit gewesen. „Viele Fragen wurden dort nur kurz an-, aber gar nicht ausdiskutiert. Bei wichtigen Punkten, etwa zur Jagdhundeausbildung, zur Fallenjagd oder zum Jagdschutz wurde im Ausschuß eine Diskussion ‘als vom Minister’ ausdrücklich nicht gewollt, abgewürgt.“ 

Der Konflikt mit Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) war damit vorprogrammiert, als das Gesetz im Mai 2015 in Kraft trat. Nach Ansicht von Thies sei das lediglich fünfmonatige Gesetzgebungsverfahren angesichts der dadurch nötigen 100 Einzeländerungen in den Fachgesetzen „ein fragwürdiger parlamentarischer Husarenritt“ gewesen. 300 Änderungsvorschläge aus den Verbänden sowie 75 Änderungsanträge der CDU, als größter Oppositionsfraktion im Landtag, seien vollständig ignoriert worden. An Ausschußsitzungen und Expertenanhörungen habe nur ein Drittel der rot-grünen Abgeordneten teilgenommen; Stellungnahmen des Landesjagdverbandes seien nicht einmal vollständig gelesen worden.

Ein Kritikpunkt richtet sich vor allem gegen zu eng umgrenzte Jagdzeiten. Immense Wildschäden bei Landwirten und Seuchengefahr infolge zunehmender Schwarzwildpopulationen geböten eine Ausdehnung der Jagdzeit. Auch die Beschränkung der Bejagung von Mardern und Waschbären erschließt sich den Jägern nicht. Die Kröte der Erweiterung der Jagdbeiräte um einen Vertreter des Tierschutzes wurde geschluckt. 

Der Landesjagdverband suchte verstärkt den Kontakt zu lokalen Umweltverbänden, weil dort durch die Jägerschaft die höhere Sachkunde in ökologischen Belangen verortet wird. 

Die letzte Hoffnung der Kritiker von Remmels ökologischen Jagdbestrebungen liegt nun in Karlsruhe. Vor dem Bundesverfassungsgericht sind zwei Verfassungsbeschwerden zur Entscheidung anhängig.