© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Deutsche Besserwisser gefährden deutsche Arbeitsplätze
Viel Feind, viel Ehr’
Jörg Fischer

Als der Iran boykottiert wurde, ging es um wenige Milliarden. Seit sich die EU und Rußland gegenseitig sanktionierten, brachen die deutschen Ausfuhren dramatisch ein: von 35,8 (2013) auf 21,5 Milliarden Euro (2016). Der Industrieverband BDI verteidigte dennoch Merkels Anti-Putin-Kurs. Und es gab ein realpolitisches Argument: ein deutsches Ausscheren hätte die viel wichtigeren Absatzmärkte in den USA (114 Milliarden) oder Großbritannien (89 Milliarden) und damit nicht nur Tausende bäuerliche Existenzen und einzelne Firmen, sondern Hundertausende gutbezahlte Arbeitsplätze gefährdet.

Doch seit dem Brexit-Votum und der Wahl Donald Trumps scheinen alle Dämme gebrochen. Für deutsche Politiker, Mainstream-Journalisten, Verbandsfunktionäre oder Gewerkschaftsbosse heißt die Parole: Viel Feind, viel Ehr’! Ohne Rücksicht auf deutsche Interessen wird von CDU, FDP, SPD, Grünen und Linken oder sogar Managern gepöbelt, beleidigt und gedroht – nach dem Motto: wer Berliner oder Brüsseler „Werten“ widerspricht oder gar eigene Wege geht, bekommt unsere Knute zu spüren. Manch deutscher Politiker glaubt sogar, die Yankees und Tommys seien auf „Made in Germany“ existentiell angewiesen. Dabei sind die US- (59 Milliarden) und britischen Ausfuhren (38 Milliarden) nach Deutschland nur halb so hoch wie umgekehrt.

Gegen das „Orbán-Regime“ (Die Zeit) läßt sich vielleicht „einschreiten“, denn Ungarn exportiert mehr nach Deutschland als umgekehrt (23,7 zu 21,7 Milliarden). Polen zur Räson zu bringen ist schwieriger: 52 Milliarden beträgt des deutsche Exportvolumen, die polnischen Ausfuhren liegen bei nur 44 Milliarden. Die polnische „Community“ in Deutschland ist aber lammfromm – die Erdogan-Fans unter den drei Millionen „Türkeistämmigen“ bei uns sind da viel stolzer. Und Ankara kann seine 14 Milliarden Deutschlandexport teilweise zu Putin & Co. umleiten. Für die 22 Milliarden im deutschen Türkeiexport wäre ein Wirtschaftskrieg verheerend.