© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Umwelt
Freie Radikale
Volker Kempf

Ob Frankfurt, Berlin, Düsseldorf oder der kleine Euro-Airport Basel-Mülhausen-Freiburg – in der Nähe zu Flughäfen lebt es sich recht laut. Was das für die Gesundheit der Anwohner bedeutet, wissen Mediziner inzwischen. Demnach ist mit Bluthochdruck und mehr Streßhormonen wie Adrenalin zu rechnen, Gefäßfunktionen werden gestört, und es bilden sich freie Radikale drastisch aus, das heißt Molekülteilchen, die Zellen schädigen. Tests an Mäusen sind da eindeutig, erklärt der Kardiologe Thomas Münzel auf Basis einer neueren Untersuchung der Unimedizin Mainz im European Heart Journal. Schon nach einem Tag simuliertem Fluglärm hätten Mäuse entsprechend reagiert. Für den Menschen heißt dies: Blutdruckmittel können nur symptomatisch helfen. Was medikamentös noch gegen lärmbedingte Symptome erreicht werden kann, das erfordere eine weitere Studie.

Der unterschätzte Kostenaspekt sorgt beim Lärmschutz für faule Kompromisse.

Die Wissenschaft kommt bei der Erforschung lärmbedingter Gesundheitsschäden voran, doch eines ist schon lange auch ohne Tierversuche klar: am effektivsten ist es, die Lärmquellen abzustellen oder zu minimieren. Das heißt Lärmobergrenzen verschärfen, Begrenzungen der Flugbewegungen durchsetzen und mehr Nachtflugverbote einführen. Entsprechendes gilt für andere verkehrsbedingte Lärmquellen wie Züge. Eine Tieferlegung von Bahntrassen hilft mehr als bloße Schallschutzwände und wird von Bürgerinitiativen etwa beim Ausbau der Rheintalbahn in Südbaden gefordert. Wie so oft sorgt der Kostenaspekt auch hier für faule Kompromisse. An vielen Stellen in Deutschland wäre Geld in mehr Schallschutz gut investiert – für mehr Lebensqualität und mehr Gesundheitsvorsorge.

Gesundheitsaspekte des Fluglärms:  doi.org