© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 12/17 / 17. März 2017

Knapp daneben
Sprachlich Brücken bauen
Karl Heinzen

In den 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind 24 zum Teil groteske Idiome als Landessprachen anerkannt. Anstatt den Finger zu heben und auf Vereinheitlichung zu drängen, hat Brüssel sie allesamt als Amtssprachen der EU anerkannt. Man kann froh sein, daß nicht auch sogenannte Minderheitensprachen wie „Sorbisch“, „Ladinisch“ oder „Baskisch“ auf die Liste geraten sind.

Was uns als kulturelle Vielfalt Europas verkauft wird, erweist sich im Alltag der Bürger oft als lästige Plage. Jeder kennt die demütigende Erfahrung, für viel Geld ins Ausland zu reisen und dann am Urlaubsziel nicht verstanden zu werden. Dies darf der EU zwar gleichgültig sein. Die Gefahren, die der Demokratie durch das babylonische Sprachenwirrwarr drohen, sollte sie aber nicht ignorieren. 

Ein Ausweg könnte sein, die Jugendlichen Europas dafür zu begeistern, einfach alle 24 Amtssprachen zu lernen. 

Wie soll aber ein Däne sich aus erster Hand informieren, wie die Spaltung Zyperns überwunden werden kann, wenn er kein Griechisch spricht? Woher soll ein Malteser wissen, was man in Finnland über die Ratspräsidentschaft seines Landes denkt, wenn ihm dazu die Sprachkenntnisse fehlen?

Ein Ausweg könnte sein, die Jugendlichen Europas dafür zu begeistern, einfach alle 24 Amtssprachen zu erlernen. Dazu mangelt es ihnen aber wohl an Intelligenz. 

Eine trauen sie sich vielleicht zu, doch der Unmut, sich auch noch eine zweite zuzumuten, wächst. Der Abwärtstrend ist insbesondere in Deutschland markant. Lernten 2015 noch 39,1 Prozent der Schüler eine zweite Fremdsprache, waren es schon ein Jahr später nur 34,5 Prozent. 

Dieser Trend ist vor allem der Migration geschuldet. Für viele Jugendliche ist heute bereits die Landessprache eine Fremdsprache. Was als Problem erscheint, könnte aber auch den Weg zu einer Lösung weisen. Arabisch und Türkisch sind Sprachen, die das Potential haben, in ein bis zwei Generationen in ganz Europa verstanden zu werden. Wenn man sie verbindlich an den Schulen unterrichten würde, ließen sich mit ihnen Brücken bauen – nicht allein zu den Einwanderern, sondern auch zwischen den Bevölkerungen Europas.