© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 13/17 / 24. März 2017

CDU und SPD wollen unbedingt mit den Grünen regieren
Unbelehrbare Ideologen
Lukas Steinwandter

Die schwarz-rote Ehe scheint zerrüttet. CDU-Generalsekretär Peter Tauber verkündete bereits vergangenes Jahr, er hege eine gewisse Sympathie für Schwarz-Grün. SPD-Chef Martin Schulz legte sich bislang zwar noch nicht offiziell auf eine Wunschkoalition fest, setzte aber mit seiner Absage an die Agenda 2010 ein Zeichen in Richtung Rot-Rot-Grün. Und gegen mehr Bioeier oder Fahrradstellplätze gibt es wohl wenig Argumente. „Umwelt im Kopf“ lautet denn auch der erste Punkt im grünen Programmentwurf für die Bundestagswahl.

Doch im grünen Kopf ist für die deutsche Industrie kein Platz mehr. Unternehmen und Verkehr sollen „konsequent auf grünes Wirtschaften und grüne Technologien“ umgestellt werden. „Unverzüglich“ sollen 20 Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Die restlichen innerhalb der nächsten 20 Jahre – „unumkehrbar“. Was mit den Zehntausenden Beschäftigten geschehen soll, steht in dem Programm nicht, außer der inflationär verwendeten Parole, man werde sich „um gute soziale Absicherung“ kümmern.

Würde sich das grüne Spitzenduo Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt mehr mit realen Zahlen denn mit „Gender Pay Gap“ oder Queer-Theorie beschäftigen, wüßte es auch, daß Kohlestrom 40 Prozent vom Gesamtverbrauch ausmacht. Die Grünen wollen allerdings nicht nur die Kohle beerdigen, sondern faktisch mehrere wichtige Industriezweige wie die Chemie-, Metall- und Papierindustrie gleich mit ins Grab stoßen. Denn die sind auf eine sichere Energieversorgung angewiesen. Aber böser Strom macht an Grenzen bekanntlich nicht halt. Ginge es nach der ideologischen Verbotspartei, müßten deutsche Haushalte auf Atomstrom aus Frankreich oder Kohlestrom aus Polen oder Tschechien künftig verzichten.

Doch nicht nur ganze Industriezweige sollen vernichtet werden, dank „Blauer Plakette“ (JF 11/17) dürften faktisch bloß noch Neuwagen in die Innenstädte fahren. Ab 2030 sollen nur abgasfreie Autos von deutschen Fließbändern rollen – „zum Schutz der Menschen“. Das ist ehrgeizig. 2016 wurden in Deutschland rund 3,4 Millionen Autos zugelassen. Davon waren nur 11.410 Elektrofahrzeuge – trotz einer Kaufprämie von 4.000 Euro. Deshalb setzen die Grünen statt auf Zuckerbrot lieber auf die Peitsche: Ein „gesetzlicher CO2-Mindestpreis“ soll Energie weiter verteuern.

„Jede in die Gebäudesanierung investierte Milliarde schafft 10.000 zusätzliche Arbeitsplätze im Baugewerbe, im Handwerk und in der Industrie“ – mag sein, aber die Mieter, die die Styropor-Klebe-Kolonnen bezahlen müssen, werden weniger begeistert sein. Steuern auf Kerosin und Auslandsflüge dürften nicht nur Lufthansa und Airbus, sondern auch Urlauber ärgern. Immerhin zeigen die Grünen den geschenkten Menschen auf, wie sie bald in Arbeit kommen könnten: als Lenker jener Lastenfahrräder, die den innerstädtischen Logistikverkehr übernehmen sollen.