© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Der Feind in den eigenen Reihen
Migration: Warum sich Meinungsmacher so häufig aggressiv gegen einheimische Deutsche wenden
Michael Klonovsky

Vergangene Woche twitterte die stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende und Europaabgeordnete Beatrix von Storch Auszüge aus einem Artikel des Tagesspiegel-Redakteurs Malte Lehming und löste damit online einen gewissen Wirbel aus. In diesem Text, der Mitte November 2010 erstveröffentlicht wurde und dem weiteste Verbreitung bis in die Sozialkunde- und Ethik-Lehrbücher der Oberstufe zu wünschen ist, heißt es: „In Berlin gibt es ausländische Jugendbanden. Das ist ein Problem. Noch größer wäre das Problem, wenn es sie nicht gäbe. Sie sind jung, mutig, mobil, hungrig, risikobereit, initiativ. Solche Menschen braucht das Land.“

Hinter der „Kritik“ am Walten dieser Unentbehrlichen verberge sich, so Lehming, „oft bloß der Neid derer, die Vitalität als Bedrohung empfinden, weil sich die eigene Mobilität auf den Wechsel vom Einfamilienreihenhaus in die Seniorenresidenz beschränkt“, statuiert der Journalist. „Lieber ein paar junge ausländische Intensivtäter als ein Heer von alten, intensiv passiven Eingeborenen.“ 

Dieses Zitat ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert, vor allem aber, weil es den „Kampf gegen Rechts“ auf die denkbar größte Gruppe ausweitet und zugleich um einen noch extremeren Verbündeten wirbt, als die Antifa ihn derzeit darstellt (als Steigerung käme freilich der IS in Frage). Der Deutsche an sich, sofern er hinreichend alt ist, den Wohlstand dieses Landes mitgeschaffen hat und keine außereuropäischen Gene besitzt, wird hier der Aggression von Banditen mit Einwanderungshintergrund anempfohlen. Das Thema ist bekanntlich virulent, regelmäßig liest man in den Zeitungen von Senioren, die in ihren Einfamilienreihenhäusern von mobilen, hungrigen und risikobereiten Initiativmenschen überfallen, zusammengeschlagen, ausgeraubt, sogar vergewaltigt und hin und wieder bedauerlicherweise auch ermordet werden. Wie oft gutgläubige und oft auch etwas huschelig gewordene Pensionäre von innovativen mobilen Trickbetrügern ausgeplündert werden, melden die Medien ja gar nicht erst, wahrscheinlich aus Platzgründen. 

Was steckt dahinter, wenn sich ein Medienvertreter derart plakativ entsolidarisiert? Zunächst muß man festhalten, daß diese Verachtungsbekundung kein Einzelfall ist, sondern Teil einer Struktur. Man denke an die Klage eines Zeit-Redakteurs über nervende deutsche Spießer, nachdem zwei Jugendliche in der Münchner U-Bahn einen Rentner beinahe totgetreten hatten, weil der ihnen das Rauchen in der Bahn untersagen wollte. Oder an die Bemerkung von Wolfgang Schäuble, Europa würde ohne Einwanderer aus Afrika und dem Orient „in Inzucht degenerieren“ oder den Bekenntnisaufsatz eines Welt-Autors mit der Kernaussage: „Etwas Besseres als Deutschland findet sich allemal.“

Daß die AfD in Köln ihren nächsten Parteitag abhalten wird, ruft in der Domstadt stärkere Abscheubekundungen hervor als jene nordafrikanischen Kriminellen, die sich in der Silvesternacht 2015 dort über einheimische Frauen hermachten und 2016 nur durch extreme Polizeipräsenz an der Wiederholung der Unterwäsche-Spontanparty gehindert werden konnten. Bezeichnenderweise schrieben sich damals wiederum zwei Tagesspiegel-Redakteurinnen mit Blick auf die Gruppenvergewaltiger folgenden Altjungfernporno von der Seele: „Daß sie die Urangst des älteren weißen Mannes – die nehmen uns unsere Frauen weg – auf der Domplatte in der Silvesternacht ausagiert haben, war die größtmögliche Provokation einer Gesellschaft, die sie nicht aufnehmen will.“ 

In den Reigen paßt auch, daß der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in derselben Woche, in welcher der türkische Sultan Deutschland und Europa mit Krieg drohte und in London der nächste islamische Anschlag stattfand – worüber „Mister 100 Prozent“ kein Wort verlor –, im Saarland Wahlplakate vorstellte, auf welchen der AfD originellerweise die „rote Karte“ gezeigt wird. Die AfD, das haben wir immer wieder gehört, ist im wesentlichen die Partei der alten weißen Männer. Sie sind der Feind.

Aber warum? Eine Antwort gab der Historiker Rolf Peter Sieferle in seinem nachgelassenen Buch „Das Migrationsproblem“ (JF/ 1317). Nietzsches Figur des „letzten Menschen“ aufgreifend, also jenes westlichen Massenmenschen, der nach einem möglichst risikoarmen, langen und glücklichen Leben ohne Konflikte verlangt, notierte Sieferle: „Die letzten Menschen werden erstaunt sein, wie viele Alltagskonflikte plötzlich mit ungewohnter Gewalt ausgetragen werden“, und prognostizierte als Reaktion: „Sie werden die Verunsicherung in innere Konfliktlinien transformieren, sie werden in den eigenen Reihen Feinde identifizieren, die leicht zu bekämpfen sind, da sie aus dem gleichen Holz geschnitzt sind wie sie selbst.“ 

Das ist des Pudels Kern. Die westlichen Antirassisten in Zeiten der neuen Völkerwanderung sind degenerierte Weiße, die sich den schwächsten Gegner ausgesucht haben: ihresgleichen. 

Es liegt in der Logik der Dinge, daß letzte Menschen nur gegen einen Feind mobil machen, von dem wenig Gefahr droht. Der wohlfeile Mut der Couragierten, der Gesicht-gegen-Rechts-Zeiger, der Kein-Bier-an-Nazis-Ausschenker, ist ja sofort dahin, wenn sie es mit juvenilen Testosteronbomben zu tun bekommen, die Naziparolen wie „Hamas, Hamas – Juden ins Gas!“ skandieren. Ihr simulierter Schneid ist reine Kompensation. Ein feiger Journalist tut gut daran, sich als mutig zu präsentieren, und Mut simuliert sich am leichtesten, indem man ohnehin zum Verleumdet- und Angepöbeltwerden freigegebene Gruppen mit ganz besonderer Aggressivität niederschreibt. Deswegen stellt sich der Tagesspiegel-Maulheld auf die Seite von hochaggressiven Sekundäranalphabeten, anstatt nach jungen ausländischen Unternehmensgründern oder Naturwissenschaftlern zu rufen.  

Die Jugendbanden, für die er wirbt, sind freilich Speerspitzen der Verwandlung eines ethnisch relativ homogenen Landes in einen Vielvölkerstaat. Daß diese Transformation konfliktfrei abläuft, glaubt niemand, doch in weiten Teilen der politisch-medialen Klasse ist man offenbar der Ansicht, sie lasse sich am besten durch repressive Maßnahmen gegen diejenigen Einheimischen, die das nicht klaglos hinnehmen wollen, bewerkstelligen.   

Natürlich ist das ein extrem kurzsichtiges Verhalten. Auch journalistische Lemminge wie Lehming werden sich entscheiden müssen, ob dieses Land ein wirtschaftlich leistungsfähiger Rechtsstaat bleiben oder ob es sich in ein halb multitribales, halb theokratisches Beuteland für aggressive Migranten verwandeln soll. Auch ihnen wird es im Kapitulationsfall an den Kragen gehen. Sofern sie nicht an die Seite der neuen Herren wechseln. Und sofern diese sie nicht angeekelt beiseite schieben.