© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/17 / 31. März 2017

Blick in die Medien
Mißtrauen der Leser gestärkt
Heiko Urbanzyk

In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, daß die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse.“ Mit dieser Neufassung seiner Richtlinie 12.1 glaubt der Deutsche Presserat den großen Wurf gelandet zu haben.

Es wird lediglich ein schwammiger Schwurbelbegriff durch einen anderen ersetzt.

Nach den Silvesterereignissen in der Neujahrsnacht 2016 eskalierte der Streit um die alte Fassung. In dieser hieß es, die Herkunft dürfe lediglich genannt werden, „wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründbarer Sachbezug besteht“. Nun ersetzt der Presserat den zum Verständnis eines Vorgangs „begründbaren Sachbezug“ durch das „begründete öffentliche Interesse“. Es wird ein Schwurbelbegriff durch einen anderen ersetzt – bei unverändert fortbestehendem Grundsatz, daß die Herkunft im Regelfall nicht genannt werden soll. 

Kein Wunder, daß in den Redaktionsstuben der Jubel ausblieb. Carsten Fiedler, Chefredakteur des Kölner Stadt-Anzeigers, bezeichnete die Änderung gegenüber meedia.de als praxisfernes „Wortgeklingel“. Die Richtlinie ziehe „die blaß und undeutlich gewordenen Fahrbahnmarkierungen nach“. Ähnlich sieht es der stellvertretende Chefredakteur der Rheinischen Post, Stefan Weigel. Die Neufassung sei sogar eine Verschärfung. Denn statt „begründbar“ müsse die Herkunftsnennung nun sogar „begründet“ sein. „Eine Verschlimmbesserung“, so Weigel. 

Der Presserat schürt mit der Neuerung nur weiter das Mißtrauen gegenüber den Medien, denn die Bürger können längst zwischen den Zeilen lesen, wenn wieder mal von „Jugendlichen“ oder einem „deutschen Staatsangehörigen“ die Rede ist. 

Die JUNGE FREIHEIT wird jedenfalls auch weiterhin die Herkunft von Straftätern nennen.