© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Alain Escada. Der Radikale will die Katholiken Frankreichs in einer neuen Partei sammeln
Don Quijote an der Seine
Jürgen Liminski

In Frankreich ist es nicht allzu schwer, sich rechts von Marine Le Pen und dem Front National zu positionieren: Es genügt etwas mehr Kohärenz im Programm, gewürzt mit einer Prise Transzendenz. Diesen Cocktail bietet der Vorsitzende der neuen Partei Civitas, Alain Escada. 

Der gebürtige Belgier, ledig, kinderlos und Mitte Vierzig, will in seiner Partei die „politisch mißachteten Katholiken“ Frankreichs um sich scharen. Dafür sammelt er Geld mit der Versicherung, die „Standarte der Christenheit hochzuhalten“. Das klingt nach Don Quijote an der Seine. Escadas Partei zählt nach eigenen Angaben bereits 1.250 Mitglieder, und ihr Online-Newsletter werde von mehr als 150.000 Abonnenten empfangen. Sollte diese Partei auf der politischen Bühne allerdings tatsächlich einmal mehr als eine Statistenrolle spielen, dann nur wenn die bürgerlichen Parteien und der Front National angesichts der geistigen Herausforderungen durch den Islam versagen. Das ist unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. 

Immerhin hat in Frankreich eine Art Besinnung eingesetzt, die Kirchen sind voller als noch vor zwei Jahren. Dennoch werden sich die französischen Parteien rechts der Mitte kaum das Signet christlich ans Revers heften, dafür ist das Land zu pluralistisch und laizistisch. Trotzdem könnte sich die Besinnung der „ältesten Tochter der Kirche“ auf die christlichen Wurzeln fortsetzen. Dafür jedoch braucht es keinen Alain Escada, der de facto einen katholischen Gottesstaat errichten will. Er fordert, „die Familie, das Leben und eine christliche Vision der Gesellschaft“ zu unterstützen, also Abtreibung unter Strafe zu stellen und die Gesetze zur Homo-Ehe rückwirkend zu annullieren. Da gehen viele Franzosen noch mit. Aber er will auch die Trennung von Kirche und Staat aufheben, den Katholizismus als Staatsreligion einführen, Frankreich aus EU und Nato führen und jede außereuropäische Einwanderung beenden. Für die auf Freiheit bedachten Franzosen geht das zu weit. 

Von der katholischen Kirche hat Escada keine Anerkennung zu erwarten. Dafür ist er zu eng mit der im Schisma lebenden Pius-Priesterbruderschaft verbunden und die katholische Kirche in Frankreich zu apolitisch. Escada lebt von der Verachtung des linksliberalen Mainstreams. Aber er selbst engt den geistigen Horizont ein. Als Partei kann Civitas ihren Spendern einen Steuererlaß bis zu 66 Prozent versprechen. Doch wäre es billig, Escada nur dieses Motiv zu unterstellen. Er meint es ernst. Stets ist er gegen die Hollande-Gesetze zur Gleichstellung der Homo-Ehe mitmarschiert, schwimmt seit seiner Jugend in rechtsextremen, auch royalistischen Gewässern. Man kann das Wählerpotential für Civitas auf 250.000 Personen schätzen – das wäre schon viel. Für einen Sitz im Parlament reicht es nicht. Für die Rettung des Abendlands auch nicht.