© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/17 / 07. April 2017

Grüße aus Santiago de Cuba
Alles bleibt beim alten
Alessandra Garcia

Fast hätte ich sie verpaßt, die kleine Fotoausstellung am Cespedes-Parque im Zentrum Santiago de Cubas. Sie wurde nicht wie sonst bei derartigen Sonderschauen üblich in der Galerie Oriente gezeigt, sondern im benachbarten Kulturhaus. Und dort auch nicht im Ausstellungsraum, sondern in dem mit riesigen Spiegeln geschmückten, die gesamte Häuserfront einnehmenden Hochzeitssaal schräg gegenüber dem Rathaus.

In diesem Prachtsaal verloren sich die auf Tafeln angebrachten Schwarzweißaufnahmen fast. Sie zeigten Porträts von Kubanern: Frauen und Männer, Mädchen und Jungen, Schwarze, Mulatten, Weiße. Es waren schöne Fotos. Das Besondere der Exposition war aber etwas anderes. Der Fotograf hatte die Menschen nicht nur ins Licht seiner Kamera gerückt, sondern sie auch nach etwas Wichtigem befragt: nach ihren Träumen.

Nur ein junges Mädchen träumt von einer Karriere in der kubanischen Armee.

Da es kein kubanischer Fotograf war, sondern ein finnischer, hatte er mit der Naivität eines Ausländers die Aussagen auch wahrheitsgemäß notiert. Jetzt standen sie in spanischer, englischer und finnischer Sprache neben den Fotos und gaben tatsächlich das wieder, was meine Freunde und Bekannten jeden Tag träumen: „Ich möchte Kuba verlassen, um in einem anderen Land ein besseres Leben führen zu können.“ Oder um sich als Musiker mit anderen Musikern auszutauschen, in Spanien oder Brasilien. Um in Frankreich zu studieren oder auch um herumzureisen und dann in der ganzen Welt Freunde zu haben.Das sagt die Studentin, sagt die Sportlehrerin, die Hausfrau, der Wehrpflichtige, der Pionier mit seinem roten Halstuch, der schlitzohrige Straßenhändler. Der runzlige Rentner wünscht sich wenigstens für seine Enkel, daß diese einmal frei reisen dürfen. Nur ein junges Mädchen träumt von einer Karriere in der kubanischen Armee.

16 Fotos durfte der Finne Seija Ulkuniemi für zwei Wochen ausstellen. Ich war begeistert. Fand es irgendwie unglaublich, daß derart offene Töne jetzt möglich sind. Fast hätte ich Lázaro Expósito, den ersten Parteisekretär der Provinz Santiago de Cuba, darauf angesprochen, als ich ihn kurz nach meinem Ausstellungsbesuch bei einer Begegnung mit Künstlern traf. Irgend etwas hielt mich aber davon ab. Dann las ich im Internet, daß auf der Buchmesse in Havanna zahlreiche Bücher eines deutschen Verlags beschlagnahmt worden waren, weil deren Kubabild nicht mit dem unserer Führung übereinstimmte. Es bleibt also alles, wie es ist. Noch.