© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/17 / 14. April 2017

Ostereiersuchen beim Supermarkt
Landwirtschaft: Der Absatz von Öko-Lebensmitteln wuchs 2016 um ein Zehntel / Engpaß bei Bioeiern und Biomilch / Import hat stark zugenommen
Volker Kempf

Der deutsche Eiermarkt ist in Bewegung. Lag der Eierkonsum in den siebziger Jahren noch bei 300 pro Kopf und Jahr, waren es 2005 nur noch 205 Stück. Seither ist der Verbrauch kontinuierlich gestiegen, 2016 waren es schon 235 Eier. Der Einbruch zu Beginn dieses Jahrhunderts läßt sich erklären: Vielen Verbrauchern war die Lust auf Eier von „Tiermaschinen“ (Ruth Harrison) in engen Käfigen vergangen. Markt und Gesetzgeber reagierten. Unabhängig davon steigt die Eiernachfrage vor allem zu Weihnachten, aber auch zu Ostern. Hierauf stellen sich die Bauernhöfe ein, die steuern die Eierproduktion durch Lichteinfluß und Junghennenzucht.

Nur noch zehn Prozent der Hühner leben heute nach Angaben der Albert-Schweitzer-Stiftung in Käfighaltung, dies meist in einem Besatz von mindestens 200.000 Stück pro Betrieb und mit 550 Quadratzentimeter pro Tier. Kleingruppenkäfige bieten 800 Quadratzentimeter Fläche. Auf 2,5 Quadratmetern leben hier bis zu 60 Hennen. Romantischen Vorstellungen, wie sie die Werbung gerne anspricht, entspricht das aber nicht.

Viele Verbraucher greifen daher zu Eiern aus Bodenhaltung. Das heißt: Hallen mit bis zu 6.000 Tieren, die statistisch immerhin 1.111 Quadratzentimeter zur Verfügung haben. Die Bodenhaltungsbetriebe haben oft auch einen Bestand von mehr als 200.000. Für 17,5 Prozent der Hennen in Deutschland gibt es Freilandhaltung – die Hennen haben tagsüber Auslauf im Freien. Nur 9,3 Prozent genießen ein Leben nach ökologischen Kriterien. Die Betriebe verfügen meist über nicht mehr als 30.000 Hennen und diese dürfen nur Futter aus Öko-Landbau bekommen. Allerdings: Pro Tier gibt es vier Quadratmeter Auslauf, im Stall dürfen höchstens sechs Tiere pro Quadratmeter leben.

Mit dem Ausbruch der Vogelgrippe (H5N8) 2016 kam eine Stallpflicht, die in vielen Regionen weiterhin gilt. Damit konnten Freilandeier nicht mehr als solche verkauft werden. Der Engpaß machte sich in den vergangenen Wochen vor allem bei Aldi-Süd – dem umsatzstärksten Bioanbieter – bemerkbar, da dort Freilandeier zeitweise vergeblich gesucht wurden. Ansonsten stiegen die Eierpreise um 20 Cent je Zehnerpackung an, das heißt auf durchschnittlich 1,29 Euro pro Zehnerpack bei Bodenhaltung, 1,84 Euro bei Freilandhaltung und 3,10 Euro in der Kategorie Bio. Viele Kunden wichen von Freiland- auf Bio-Eier (2016: 12,5 Prozent der Verkaufsmenge) aus, die Nachfrage konnte nur durch Importe gedeckt werden.

Bio ist im Trend. Der Umsatz wächst jährlich um ein Zehntel (JF 26/15). Im Jahr 2000 waren es noch 2,1 Milliarden Euro, 2010 schon sechs Milliarden, 2016 knapp 9,5 Milliarden. Davon profitieren immer mehr ausländische Anbieter, 2015 gab es in Deutschland nur 24.343 Bio-Höfe, das waren neun Prozent aller Landwirtschaftsbetriebe. Der Anteil an Ökoflächen in Deutschland liegt bei nur sieben Prozent, angeführt vom Saarland mit 13 Prozent, gefolgt von Hessen mit elf Prozent. In Bayern sind es nur acht Prozent. Daher will der bayerische Agrarminister Helmut Brunner dafür sorgen, daß sich der Anteil an der Bio-Produktion bis 2020 verdoppelt. Das Landesprogramm „BioRegio Bayern 2020“ will vor allem in die Ausbildung der Biobauern investieren. Bislang sind es aber vor allem Kleinbetriebe, die auf Öko umstellen, was den geringen Gesamtanteil an der Agrarfläche erklärt. Und während in der Milchkrise 2016 Tausende Bauern aufgaben, gibt es bei Biomilch weiter Engpässe – zur Freude österreicherischer und dänischer Bio-Betriebe. Der Markt und seine Reaktion auf Nachfrageschwankungen brauchen in der Landwirtschaft vor allem eines: viel Zeit.

Zahlen, Daten und Fakten zur Bio-Branche: www.boelw.de