© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Ländersache
Wahlkampf durch die Hintertür
Michael Paulwitz

Im Wahljahr mit öffentlichen Geldern klotzen – schön für Baden-Württembergs grün-schwarze Landesregierung, daß sie von ihren CDU-geführten Vorgängern eine solvente Landesstiftung geerbt hat. Gleich zwei Millionen Euro steckt die „Baden-Württemberg Stiftung“ in ihr neues Programm „Demokratie stärken – Demokratie leben“ – vorerst jedenfalls. 

Geschäftsführer Christoph Dahl will damit junge Leute, die sich „oft ausgeschlossen“ fühlten und „eher weniger für Politik interessieren“, widerstandsfähig gegen „Populismus“ machen. Kurz vor der Bundestagswahl sollen auch noch „bekannte Youtube-Stars“ vor „gefälschten Nachrichten“ warnen.

Natürlich will das Programm, bei dem auch die Landeszentrale für politische Bildung sowie die vom Linkskatholiken Hans Küng an der Universität Tübingen gegründete „Weltethos-Stiftung“ mitmischt und das auch vom DGB unterstützt wird, nicht einfach nur „Engagement“ für „die Demokratie“ fördern, sondern das richtige. 

Aus der Stoßrichtung gegen die AfD, immerhin stärkste Oppositionspartei im Land, macht die „Baden-Württemberg Stiftung“ keinen Hehl. Schon vor Genehmigung des Programmbudgets durch den Aufsichtsrat unter Vorsitz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann lief eine Veranstaltungsreihe zum Thema. 

Eine „Populismus“-Alarm-Broschüre warnt jetzt schon die „demokratischen Parteien“, abwertende „Begriffe der AfD“ wie „Flüchtling“ zu benutzen, statt von „Geflüchteten“ zu sprechen. Demokratie ist, wenn die Etablierten gewählt werden, und wer das nicht tut, ist unaufgeklärt oder „abgehängt“: Dieses Erklärungsmuster ist nichts Neues. Das „Einzigartige“, das Dahl für sein Anti-„Populismus“-Programm reklamiert, dürfte denn auch vor allem in der schamfreien Politisierung der landeseigenen Stiftung stecken, die mit einem Vermögen von 2,3 Milliarden Euro zu den größten in Deutschland gehört.

Das Vermögen der vom damaligen CDU-Ministerpräsidenten Erwin Teufel im Jahr 2000 initiierten Stiftung stammt aus privatisierten Landesbeteiligungen. Mit den Erträgen sollten Landesprojekte gefördert werden; neben Forschung und Bildung auch zu Kultur und „gesellschaftlichem Wandel“. 40 Millionen Euro sind dafür in diesem Jahr im Topf. Immerhin fünf Prozent davon fließen in das „Populismus“-Projekt; seit 2015 gibt Geschäftsführer Christoph Dahl auch großzügig Geld für die „Integration“ der dann doch wieder so genannten „Flüchtlinge“ aus.

Dahl war fast zwei Jahrzehnte Pressesprecher des CDU-Fraktionschefs und Ministerpräsidenten Günther Oettinger; der Geschäftsführer-Posten war ihm 2010 zugeschanzt worden, nachdem sein Chef nach Brüssel weggelobt worden war. Schon im Jahr darauf verlor die CDU die Macht im Land. Mit der beschleunigten Politisierung der Stiftung hat Dahl wohl seinen Sessel gerettet – sein Vertrag wurde letzten November bis 2021 verlängert.

Die Kritik der Grünen an der Stiftung ist jedenfalls deutlich leiser geworden, seit sie als Ministerpräsidentenpartei selbst am Drücker sind. Die Rolle des Spielverderbers ist inzwischen auf die AfD-Fraktion übergegangen: Die kritisiert politische Agitation „durch die Hintertür, bezahlt aus einem Schattenhaushalt der Landesregierung“.