© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/17 / 21. April 2017

Blick in die Medien
Höllischer „Freitag“
Ronald Bertholt

Sozialismus muß man sich leisten können. Und mancher Sozialist muß auch heucheln können. Nicht wahr, Jakob Augstein? Der Millionenerbe verwirklicht mit dem von Ziehvater Rudolf vermachten Vermögen sein linkes Wochenzeitungsprojekt Freitag. Daß zum Sozialismus Umverteilung von oben nach unten gehört, hat der 49jährige allerdings nicht verinnerlicht. Teilen ist sein Ding nicht.

Als die renommierte Mafia-Expertin Petra Reski ein ganzseitiges Stück über die italienische Bandenkriminalität in Deutschland anbot, nahm seine Redaktion den Text mit Kußhand, veröffentlichte ihn und zahlte dafür brutto 321 Euro. Ein Hungerlohn für die wochenlange Recherche der freien Mitarbeiterin; vor allem für die Beitragslänge. Reich soll und kann beim Freitag keiner werden – das hätte ja nichts mit Sozialismus zu tun.

Daß der „Freitag“ sich nicht vor seine Autorin stellte, ist in der

Branche völlig unüblich.

Aber arm werden sollte dabei eigentlich auch niemand. Gegen die Nennung seines Namens in dem Artikel klagte ein Italiener. Der Freitag zeigte nun, was sozialistische Solidarität in der Praxis bedeutet. Als das Landgericht Leipzig Reski auf Unterlassung verurteilte und das Urteil gegen eine Sicherheitsleistung von 5.000 Euro für vorläufig vollstreckbar erklärte, ließ das Blatt seine Autorin auf dem Betrag sitzen.

Daß der Freitag sich nicht vor seine Autorin stellte, ist in der Branche völlig unüblich – normalerweise übernimmt der Verlag die Kosten für juristische Auseinandersetzungen. Für Freie ist der Freitag die Hölle. Das meint jedenfalls der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten. Er nominierte das Blatt für den „Höllepreis“ – ein Negativpokal. Am 29. April steigt die Verleihung. Ob Augstein im Fall der Fälle die Courage haben wird, den Preis entgegenzunehmen? Eine seiner romantischen Reden mit sozialistischer Solidaritätsrhetorik mag da wohl nicht so gut ankommen. Es könnte sein, daß die nicht gutbetuchten freien Reporter den reichen Verleger für einen Heuchler halten.