© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

DVD: Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung
Der Alte von Rhöndorf
Werner Olles

Wohl kein Politiker hat die Bundesrepublik Deutschland mehr geprägt als Konrad Adenauer. 1876 in Köln geboren, als Zentrums-Politiker Oberbürgermeister seiner Heimatstadt (1917–1933), wurde er 1949 erster Kanzler der Bundesrepublik. Daneben war er von 1951 bis 1955 Bundesminister des Äußeren. In dieser Zeit verschaffte er dem Land wieder internationale Geltung, vollzog die Eingliederung in Nato und EWG und betrieb entschlossen die Aussöhnung mit Frankreich. Zugleich widersetzte er sich jedem Versuch einer Neutralität der Bundesrepublik, wie sie die Stalin-Note von 1953 forderte, in der eine mögliche Wiedervereinigung der deutschen Teilstaaten in Aussicht gestellt wurde. Dies brachte ihm vom SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher den Vorwurf „Kanzler der Alliierten“ ein. 1963 trat er als Bundeskanzler zurück. Sein Nachfolger wurde der ehemalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard, den Adenauer für „unqualifiziert“ hielt.

Stefan Schneiders 2012 produziertes Doku-Drama „Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung“ mit Joachim Bißmeier in der Titelrolle beinhaltet über 20 Minuten Originalmaterial der „Wochenschau“, während rund 60 Prozent des Films dramatisierte Spielszenen ausmachen, die durch Archivmaterial und Aussagen von Zeitzeugen ergänzt werden. Beginnend mit dem Mauerbau am 13. August 1961, als Adenauer sich nach langen Überlegungen dazu entschied, nicht nach Berlin zu fahren, begleitet der Film Adenauer auf den Höhe- und Tiefpunkten seiner politischen Karriere und überzeugt dabei durch seine objektive Distanz.

Neben dem Politiker Adenauer zeigt der Film auch den Privatmann: patriarchalisch, bürgerlich, ein melancholischer Familienmensch, der traditionelle Werte vertritt und den in den sechziger Jahren beginnenden kulturellen Umschwung nicht akzeptieren kann. Bißmeier spielt den „Alten von Rhöndorf“ als authentisches Abbild Adenauers, vom gemütlichen Großvater bis zum gerissenen „Fuchs“, der bei Diskussionen mit seinen Intimfeinden Strauß (Bernhard Ulrich) und Augstein (Johannes Zirner) durchaus eiskalt agieren konnte. Der Film ist eine Lehrstunde in politischer Geschichte, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

DVD: Konrad Adenauer – Stunden der Entscheidung. Pidax Film 2017, Laufzeit etwa 89 Minuten