© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 18/17 / 28. April 2017

Gesellschaftsprojekt „Leichte Sprache“: Schleswig-Holstein ruft zum Wählen
Hein Blöd und die Demo-Kratie
(hb)

Zur Landtagswahl am 7. Mai erhielten Schleswig-Holsteins Bürger kurz vor Ostern ihre Wahlbenachrichtigungen. Abgefaßt waren sie in „Leichter Sprache“, so daß der Text von Bindestrichen wimmelte: Post-Leit-Zahl, Haus-Nummer, Land-Tag, Geburts-Datum, Vor-Name. Dazu Verweise in arabischer, türkischer und kyrillischer Schrift auf weitere Informationen beim Landeswahlleiter im Kieler Innenministerium. Bei den Adressaten, den damit als Deppen eingestuften „mündigen“ Normalbürgern, kam dieser Versuch, keine schwierigen Fachbegriffe oder komplizierten Satzkonstruktionen zu verwenden, um funktionale Analphabeten und (kaum wahlberechtigte) „Migranten mit geringen Deutschkenntnissen“ nicht auszugrenzen, eher schlecht an. Lokalpolitiker kommentierten diese sprachpolitische Provokation mit „peinlich“ und „unglaublich“. Für den Linguisten Alexander Lasch (Universität Kiel) stellen die von einer Hamburger Agentur verantworteten Formulare eine weitere Simplifizierung der Regeln „Leichter Sprache“ dar (Schleswiger Nachrichten vom 12. April). Denn Ungetüme wie „Gemeinde-Wahl-Behörde“ würden selbst von denjenigen, denen sie helfen sollen, als ihre Intelligenz verhöhnende Stigmatisierung wahrgenommen. Überhaupt seien die Regeln des Netzwerks „Leichte Sprache“ so unzureichend, daß man nicht pauschal sagen könne, sie würden das Lesen erleichtern. 


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