© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/17 / 05. Mai 2017

Mitteldeutschland als führende säkulare Region: „Lutherland“ ohne Christen
Volkskirchen in der Diaspora
(wm)

Das mitteldeutsche „Lutherland“ ist eine der am stärksten säkularisierten Regionen weltweit. Zählten in der DDR 1950 noch 80,5 Prozent zur evangelischen, 11 Prozent zur katholischen Kirche, stellt Sachsen-Anhalt heute mit 81,2 Prozent den höchsten Anteil Nichtreligiöser unter allen Bundesländern. In Städten und Landkreisen vollziehe sich, ausweislich einer Untersuchung des Geographen Reinhard Henkel (Universität Heidelberg), die „De-Christianisierung“ mit etwa gleicher Geschwindigkeit. In Halle gehören nur noch 9,1 Prozent der Bevölkerung der evangelischen Landeskirche an. Im thüringischen Kirchenkreis Altenburg befinden sich beide „Volkskirchen“ in ähnlicher „Diasporasituation“. Seit 1993 ist dort die Zahl der Pfarrerstellen von 59 auf 17 geschrumpft. Die Kirchgangshäufigkeit unter den verbliebenen wenigen Mitgliedern fiel unter die Fünf-Prozent-Marke (Geographische Rundschau, 2/2017). Die Entwicklung scheine Max Webers These von der „Entzauberung der Welt“, der unumkehrbaren Ersetzung religiöser durch rationale Weltorientierung zu bestätigen. Henkel glaubt jedoch, daß „Immigranten“ langfristig für eine Pluralisierung der religiösen Landschaft und für die mitteldeutsche „Postsäkularisierung“ (Jürgen Habermas) sorgen würden. Ohne daß die vermeintlichen „Volkskirchen“ davon profitieren würden. 

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