© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/17 / 05. Mai 2017

Für eine positive Revolution
Rechten Aktionismus in geordnete Bahnen lenken
Tobias Albert

Dominique Venners „Für eine positive Kritik“ gilt als Grundsatzschrift der europäischen Neuen Rechten und wurde über fünfzig Jahre nach der Originalveröffentlichung vom Französischen ins Deutsche übersetzt. Sie wurde 1962 im Gefängnis geschrieben, nachdem Venner als Teil der OAS vergeblich gegen de Gaulle putschte, um die Unabhängigkeit Algeriens zu verhindern. Wer das nicht im Kopf behält, wird leicht verschreckt von Venners militanter Wortwahl, mit der er nicht weniger als die Revolution fordert.

Die „positive Kritik“ richtet sich zunächst an die alte Rechte, deren gescheiterter Putsch sinnbildlich für ihre Schwächen ist. Venner fordert eine neue rechte Bewegung, für die seine Schrift die Doktrin bilden soll, die „den Aktionismus in geordnete Bahnen lenken“ kann. Mit einer gewachsenen europäischen „Ethik der Ehre“ lehnt er die „Sklavenmoral“ des Marxismus ab, seine kollektivistische Wirtschaftsvision ist dennoch eine Kampfansage an den Kapitalismus. Den Kern der Revolution bilde aber ein geeintes Europa der Vaterländer, das sich als eine gemeinsame abendländische Zivilisation auffassen muß.

Venner liefert auch die Blaupause zur Revolution: Eine solche Veränderung könne nicht in wenigen Nächten gelingen, sondern brauche Jahrzehnte, um zu reifen. Eine zu radikale Ausdrucksweise ließe die Aktivisten wie Verrückte dastehen, die „Revolution ist aber weder ein Faschingsball noch ein Ventil für Spinner“. Vor allen Dingen soll die Revolution lieber wenige Zellen der Gesellschaft wie Unternehmen und Universitäten kontrollieren, als „Agitation zu betreiben, die in der breiten Masse wirkungslos verpufft“. Letztlich skizziert er die Taktiken, die wenige Jahre darauf nicht von der rechten, sondern linken 68er-Bewegung genutzt wurden.

Im Anhang findet sich zudem ein Interview Venners, in dem er mahnt, daß Worte allein nicht ausreichen, „man muß das Leben einsetzen, und dies muß bis zur Bereitschaft reichen, das Leben zu opfern, wenn es erforderlich scheint“. Eine Woche danach beging Venner Selbstmord in der Kathedrale von Notre Dame. Ebenfalls im Anhang abgedruckt ist sein Abschiedsbrief, in dem er erklärt, sich zu opfern, „um uns aus der Lethargie zu reißen, die uns gefangen hält“.

Dominique Venner: Für eine positive Kritik. Jung-europa Verlag, Dresden 2017, gebunden, 90 Seiten, 12 Euro