© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/17 / 12. Mai 2017

Frankreich-Wahl
Le Pens Lektionen
Jürgen Liminski

Erst Geert Wilders, jetzt Marine Le Pen – man blieb unter den Erwartungen, für die Rechtsparteien in Europa scheint das Potential nicht unendlich zu sein. Protest und Parolen reichen nicht für entscheidende Mehrheiten. In pluralistischen Demokratien braucht man auf Dauer Partner, wenn man regieren will. Marine Le Pen zog schon am Wahlabend die Konsequenz und kündigte „tiefgreifende Veränderungen“ an. Sie will um ein patriotisches Programm auch Wähler sammeln, die nicht nur ausgrenzen, sondern offen sind für andere Ideen und Wege. Mit anderen Worten: Sie will die Partei im Sinn von mehr Pragmatismus öffnen. 

Erste Versuche hatte sie zwischen den Wahlgängen gestartet. Es war zu spät und zu holprig. Das Ergebnis hieß: Nicht glaubwürdig. Solche Wendemanöver brauchen Zeit. Man muß sie erklären und darf nicht den Eindruck erwecken, als ginge es nur um die Macht. Außerdem: In einer Zeit, in der gegenwärtige Eindrücke und multimediale Effekte Wahlen bestimmen, kommt es darauf an, auf den letzten Metern pragmatisch in den Details zu sein, ohne die grundsätzliche Linie in Frage zu stellen. 

Ohne diese Flexibilität haben nationalkonservative Parteien in Europa auf Dauer keine gestalterische Zukunft. Grundsatztreue gepaart mit operativer Flexibilität – diese Lektion hat Le Pen gelernt.